Das salvatorianische Gedächtnis
Am 8. September 2016, dem Todestag des Gründers der Salvatorianer Pater Jordan, wurden im Kolleg Sankt Michael in Wien die neuen Räumlichkeiten des Provinzarchivs gesegnet und eingeweiht. Diese Archivräume, modern, praktisch und ästhetisch gestaltet, bilden einen würdigen Rahmen für eine wichtige Aufgabe.
Text: Robert Passini
Das Provinzarchiv – Zeugnis einer lebendigen Ordensgeschichte
Wie jede salvatorianische Einheit führt auch die österreichische Pro-Provinz ein Archiv. Es legt Zeugnis ab über 124 Jahre salvatorianische Geschichte in Österreich: 1892 ließen sich die ersten Salvatorianer in Favoriten in Wien nieder. Da 1908 zunächst die österreichisch-ungarische Provinz gegründet und 1923 die Kollegien auf österreichischem Boden zu einer neuen Einheit zusammengeschlossen wurden, befinden sich in diesem Provinzarchiv genau genommen zwei Archive: jenes der österreichisch-ungarischen und das der österreichischen Provinz.
Im Jahr 2008 begannen meine Kollegin, die Kunsthistorikerin Mag.a Doris Fries, und ich in einem kleinen Zimmer, in dem sich das Provinzarchiv befand, zu arbeiten. Bereits unsere Vorgänger, die Salvatorianerpatres Waldemar Posch und Rainer Rudolf, übten dort ihre Tätigkeit als Archivare aus. Pater Waldemars Verdienst war die Sortierung und Katalogisierung der ältesten Archivbestände. Nach ihm führte Pater Rainer seine Arbeit fort bis zur Erstellung eines umfangreichen Findbuches, das einen wichtigen Punkt der Aufgaben eines Archivars erfüllt: eine geordnete Bereitstellung des Archivguts für Historiker und Forscher.
Pater Peter van Meijl SDS kam im Jahr 2001, zwei Jahre nach dem Tod von Pater Rudolf, nach Wien. Er machte sich sofort an die Archivarbeit. Zuerst sah er das große Erbe des Vorgängerordens in Sankt Michael, das Barnabitenarchiv, durch, extrahierte daraus salvatorianische Dokumente und trug weitere Archivalien zusammen, die im ganzen Haus verstreut waren. Dadurch sammelten sich im Archivzimmer immer mehr Kartons an, und der Platz im verhältnismäßig kleinen Raum wurde immer enger. Daher beschloss das Provinzialat, externen Mitarbeitern die wichtige Aufgabe eines Archivars anzuvertrauen. So wurden Mag.a Fries und ich im Jahr 2008 mit den Archivaufgaben betreut.
Vergangenheit und Zukunft
Das Ziel unserer Anstellung bestand neben des „Aufräumens“ eines vollgeräumten Zimmers darin, die salvatorianische Präsenz in Österreich von über 120 Jahren ins Bewusstsein zu rücken. Dafür begannen wir einerseits, Strukturen in das Archiv zu bringen, und andererseits eine salvatorianische Bibliothek mit einem internationalen Zeitschriftenbestand aufzubauen.
Ein sehr wesentlicher Bereich unserer Arbeit ist jedoch die Gestaltung der Zukunft durch die laufende Bewertung von aktuellem Schriftgut. Wir entscheiden heute, was zum Beispiel in 50 Jahren von den Salvatorianern zu erfahren sein wird. Die Gratwanderung dieser Entscheidungen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe.
Mag.a Fries und ich arbeiteten Bestand für Bestand an der Erfassung, Lagerung, Bereitstellung, Digitalisierung und Bewertung der Archivalien. So lernten wir die Strukturen des Ordens und auch ihre Veränderungen im Laufe eines Jahrhunderts immer besser kennen und verstehen. Dabei half uns die Arbeit unserer Vorgänger sehr. Das Ergebnis sind ein elektronisches Findbuch und ein digitales Bildarchiv, die ständig wachsen.
Neue Möglichkeiten
Neue Archivbestände aktuell aufgelassener Häuser hatten zur Folge, dass das Provinzarchiv nun aus allen Nähten platzte. Daher wurde im Kolleg Sankt Michael ein alter, renovierungsbedürftiger Raum gefunden und erneuert. Die Bauarbeiten fanden in der ersten Hälfte des Jahres 2016 statt, und ein modernes und funktionales Archiv entstand. Die Räume wurden so gestaltet, dass Versammlungen und Studientage stattfinden können. Die zuständigen Patres haben durch diese weisen und vorausblickenden Initiativen den Fortbestand und die Sicherung des Archivs ermöglicht, „das das Leben und die Sendung der Gemeinschaft der Salvatorianer widerspiegelt“, wie es Provinzial Pater Josef Wonisch SDS formuliert.
Am 8. September 2016 segnete er mit der Hausgemeinschaft feierlich die neu eingerichteten Räumlichkeiten. Dr. Helga Penz, Referentin für die Kulturgüter der Orden in Österreich, die uns in den letzten Jahren immer wieder zur Seite gestanden ist, war auch anwesend. Ihr und den Patres gilt unser großer Dank für die Unterstützung und die neuen Möglichkeiten, das Gedächtnis des Ordens der Salvatorianer weiterhin zu pflegen und den nächsten Generationen die aktuelle bewegende Zeit nicht vergessen zu lassen.
Bildinformation
- Robert Passini und Mag.a Doris Fries im alten Provinzarchiv, Dezember 2012
- Die neuen Räumlichkeiten des Provinzarchives, Oktober 2016
Bildnachweis
- Archiv der Österreichischen Pro-Provinz der Salvatorianer (asa)
- Robert Passini
Dieser Artikel ist veröffentlicht in: SDS-Mitteilungen, 2016-2