Wageni ni zawadi na baraka
Br. Justin aus Kamerun verbrachte einen gesamten Monat in Österreich, und ich möchte über unsere gemeinsame Zeit berichten. Wir trafen uns im September 2021 im Ausbildungshaus Mater Salvatoris in Morogoro, wo er Theologie studierte und ich an einem African Studies-Kurs am Jordan University College der Salvatorianer teilnahm. Obwohl er damals kaum Englisch und ich kein Französisch sprach, fanden wir schnell eine Verbindung zueinander. Diese Verbindung wurde durch die Schicksalsschläge, die Br. Justin trafen, und die mir aufgrund meiner Lebensgeschichte sehr nahegingen, weiter gestärkt. So beschloss ich, ihn nach Österreich einzuladen.
Nachdem die Zustimmung und Unterstützung der Patres erhalten war, stellte das Schengen-Visum eine große Herausforderung dar, besonders für junge Menschen aus Drittstaaten, da die europäischen Behörden befürchten, sie könnten im Land bleiben und Asyl suchen. Doch schließlich kam die erlösende Nachricht, dass das Visum erteilt wurde, kurz bevor der Flug stattfand. Mit dem "Europa Ticket" besuchten ich und Br. Justin dann mehrere europäische Städte (Rom, Vatikan, Passau und Vyssi Brod).
Br. Justin war überrascht von den neuen Eindrücken auf dem Weg zur Arbeit, etwa dass Radfahrer an Ampeln stehenbleiben. Im Büro wurde er herzlich aufgrund der Visa-Geschichte empfangen. Beim Mittagessen war er verunsichert, da niemand ein Tischgebet sprach, bis auf eine Kollegin und mich hatten alle keinen Bezug zur Kirche. Justin lernte, im Stillen zu beten, während er nur mit mir und P. Stephen öffentlich vor und nach dem Essen betete, auch bei McDonald's und beim Leberkas Pepi, was Aufmerksamkeit erregte.
P. Stephen SDS, ein Inder mit kürzlich in Rom erlangtem PhD, lehrt an der JUCo in Tansania. Er nutzte seine bald ablaufende italienische Aufenthaltsgenehmigung, um Freunde in Europa während der Semesterferien zu besuchen. Bei seinem ersten Österreich-Besuch erkundete er mit uns, dem "salvatorianischen Kleeblatt", in einer Woche Wien und Bregenz.
Wir besichtigten die Provinzialate in Wien, machten eine Rundfahrt auf der Ringstraße, stiegen auf den Südturm des Stephansdoms und aßen Schnitzel im "Birner". Mein Kalbsschnitzel verursachte bei Br. Justin Entsetzen, da er sich nicht vorstellen konnte, eine „Babykuh“ zu essen, während unsere Gäste das Schweinefleisch-Angebot genossen. Die Bootsfahrt auf der Alten Donau und die Pause in der Kabane meiner Freundin ließ uns das echte Wien erleben.
Br. Justin favorisierte seinen Wienbesuch am meisten während seines Aufenthaltes in Österreich. Der Ausblick vom Hafelekar in Innsbruck beeindruckte ihn durch die Schönheit der Berge und der Stadt.
In Bregenz trafen wir P. Thomas SDS, um ihn mit P. Stephen zusammenzubringen, die sich aus Indien kannten. Trotz des fehlenden Besuchs der Festspielaufführung war Justin von der Seebühne in Bregenz beeindruckt, die es auf Platz drei seiner Österreich-Highlights schaffte. Wir sahen auch das ehemalige Salvatorianer-Ausbildungshaus in Lochau vom Bodensee aus. Der Besuch im Konzentrationslager Mauthausen vertiefte Justins historisches Verständnis. Weitere Höhepunkte waren die Wallfahrtskirche am Pöstlingberg, das Stift St. Florian und Ausflüge ins Salzkammergut einschließlich Gosausee, Zwieselalm und Hallstatt. Nach P. Stephens Abreise wurde der Reiseverlauf ruhiger.
Während seines Aufenthalts in Europa erlebte Bruder Justin viele neue Eindrücke. Ihm fielen Unterschiede zu Afrika auf, wie etwa Männer, die mit nacktem Oberkörper zum See gingen, um zu baden - ein Anblick, der in Afrika unvorstellbar wäre. Justin und seine Gäste trugen trotz der Hitze immer lange Hosen und oft langärmelige Oberteile. Er stellte fest, dass das Klischee, Europa sei nur kalt, nicht stimmte, und war überrascht von den hohen Temperaturen und den langen, hellen Sommerabenden, die er per Videocall mit seinen Mitbrüdern teilte. Diese waren beeindruckt, dass es selbst um 21.00 Uhr noch hell war, im Gegensatz zu den dunklen Abenden am Äquator.
Bei Spaziergängen wunderte sich Justin, dass die Tiere wie Enten und Fische nicht gefangen und gegessen wurden. Er sammelte begeistert Samen und Kerne, um sie in Morogoro zu pflanzen und den Balkon im Ausbildungshaus zu verschönern. Bei Justins nächstem Besuch will ich Solarlichter und einen Sonnenschirm für den Balkon mitbringen.
Der Höhepunkt der Reise war die gemeinsame Woche in Rom, wo wir im Generalat der Salvatorianer wohnten, da freie Zimmer wegen eines Generalkapitels in Polen verfügbar waren. Nach der Ankunft beteten Br. Justin und ich beim Reliquiar des Seligen P. Jordan. Die Ideen und das Lebenswerk Jordans haben eine weltweite Verbindung zwischen Menschen geschaffen, einschließlich mich, Br. Justin und vielen anderen Mitgliedern der Gemeinschaft. Ich empfand große Dankbarkeit und Glück, besonders auf der Dachterrasse des Generalats mit Blick auf den beleuchteten Petersdom und die Engelsburg.
Unser Besuch in Rom beinhaltete das Angelusgebet und die Generalaudienz mit Papst Franziskus sowie die Besichtigung des Petersdoms mit Kuppel und Krypta, der Sixtinischen Kapelle und der Vatikangärten. Wir unternahmen auch eine Fahrt nach Castel Gandolfo. Zu den Höhepunkten gehörten das Kolosseum, das Forum Romanum und ein nächtlicher Spaziergang zu den belebten Sehenswürdigkeiten wie Trevi-Brunnen, Spanischer Treppe und Piazza Navona.
Ein entspannter Tag wurde im internationalen Ausbildungshaus Mater Salvatoris verbracht, wo wir von Patres und Brüdern herzlich aufgenommen und bewirtet wurden. Dort lebte der letzte italienische Salvatorianerpater in einer Gemeinschaft junger Salvatorianer aus verschiedenen Ländern, was den Wandel und die Vielfalt des Ordens widerspiegelte.
Rom zeigt neben seiner Pracht auch seine Schattenseiten: Obdachlose schlagen am Tiberufer ihre Zelte auf und suchen nachts Schutz in den Arkaden des Petersplatzes. Ein Bus verteilt Essen an Bedürftige nahe des Generalats. Die Interaktion zwischen afrikanischen Straßenhändlern und Br. Justin, bei der sie uns fälschlicherweise für „Sugar mummy & Toy boy“ hielten, sorgte für Heiterkeit. Doch es wirft die Frage auf, ob das das erträumte "gute Leben" ist, für das sie viel in ihrer Heimat aufgegeben haben.
An einem der verbleibenden Tage besuchten wir Passau und die Aussicht vom Klosterberg auf das ehemalige Noviziat der Salvatorianer, das nun eher hochpreisige Wohnungen beherbergt, machte uns nachdenklich über die Entwicklungen innerhalb des Ordens in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Unser letzter Halt war das Zisterzienserkloster in Vyssi Brod, nahe der österreichisch-tschechischen Grenze, welches nach Renovierungen nun für Besucher offensteht. Den Höhepunkt bildete ein Open-Air-Konzert im Hof des Stifts St. Florian, bei dem das oberösterreichische Chamäleon Orchester zusammen mit dem mosambikanischen Superstar Stewart Sukuma spielte. Dieses Konzert war ein Symbol für die Verbundenheit Europas mit Afrika und ein würdiger Abschluss unserer "Österreich Plus" Tour.
Mit schwerem Herzen und vielen schönen Erinnerungen beginnen wir unsere Reise zum Flughafen. Br. Justin wird vor allem die kulinarische Freiheit und die Ungebundenheit seiner Reisen vermissen, sowie die Atmosphäre zuhause bei meinem Sohn Mani und mir.
Wir umarmten uns zum Abschied sicherheitshalber zweimal, und während Br. Justin durch die Ticketkontrolle ging, fühlte ich Tränen aufsteigen – so eine intensive gemeinsame Zeit schafft eine starke Verbindung. Doch dank WhatsApp bleibt der Kontakt erhalten. Im nächsten Jahr planen wir Treffen in Tansania und Kamerun, wo Justin als einer der ersten drei Salvatorianer-Priester aus Kamerun geweiht wird. Nach seiner langen Ausbildung im Ausland freut er sich auf seine Rückkehr nach Hause.
Und ich genieße dank meines österreichischen Passes die Freiheit zu reisen, wann und wohin ich möchte – ein unglaubliches Privileg, für das ich stets sehr dankbar bin.
*Ulrike Hifinger ist Laiensalvatorianerin.
Ihr Bericht wurde für die Web-Version gekürzt.
Wie hat Br. Justin die Reise durch Europa erlebt? Hier konnen Sie seinen Bericht nachlesen.