„Was er sagte, lebte er – und er lebte, was er verkündete“
Ein Bericht von Robert Passini
Zur Bewerbung unseres Buches „Erweckte Begeisterung“ anlässlich 100 Jahre österreichischer Provinz befinden wir uns mitten in einer Reihe an Präsentationen in aktuellen bzw. ehemaligen Salvatorianer-Pfarren. Eine dieser Pfarren ist St. Franziskus in Braunau. Nach Auflassung des Kollegs Hamberg, Oberösterreich, gründeten die Salvatorianer 1982 in der Neustadt in Braunau ein neues SDS-Kolleg, und P. Hermann Jedinger leitete diese Pfarre bis 1996. Mit dem Weggang von P. Hermann war das salvatorianische Wirken in Braunau leider beendet.
Dennoch oder genau deshalb initiierten wir – P. Peter van Meijl, Martin Kolozs und ich – gemeinsam mit Provinzial P. Josef Wonisch eine Buchpräsentation in Braunau, und nahmen dies zum Anlass, einen Gedenkgottesdienst für P. Hermann Jedinger zu feiern, der im Juni 2022 verstorben ist.
Als wir am 10. März 2024 am Vormittag in Braunau ankamen, staunten wir nicht schlecht: Wir wurden nicht nur von Seelsorgerin Mag.a Elisabeth Kronreif und Brigitte Preisch, pensionierte Religionslehrerin und eine der engsten Mitarbeiter*innen aus der Zeit von P. Hermann, mit großer Gastfreundschaft und viel Freude empfangen. Als wir in den Eingangsbereich der Kirche traten, wo später der Pfarrcafé stattfand, fanden wir auch eine Ausstellung mit alten Fotos vor, die extra für die bevorstehende Gedenkfeier aufgebaut worden war.
Die Feier bestand aus einem Gottesdienst, musikalisch mit Gitarre und Klarinette begleitet, der anschließenden Buchpräsentation sowie aus Pfarrcafé und der Möglichkeit zum Austausch. Der Kirchenbau aus den 1970er-Jahren wirkt von außen unscheinbar und klein – doch die Pfarrgemeinde, die den Innenraum füllte, war groß: beinahe einhundert Menschen waren anwesend.
Dipl.-Ing. Eleonora Zarl begrüßt die Gäste, im Hintergrund sitzen P. Severin Piksa OFM, P. Josef Wonisch SDS und P. Peter van Meijl SDS.
Nach der herzlichen Begrüßung durch Dipl.-Ing. Eleonora Zarl, Teil des Seelsorgeteams in St. Franziskus, entzündete Franziskanerpater Severin Piksa, der die priesterlichen Dienste in der Pfarrgemeinde übernimmt, eine Kerze auf dem Altar, die neben dem Porträtbild von P. Hermann aufgestellt worden war, und sprach ein Gebet für ihn. Anschließend eröffnete P. Josef Wonisch als Hauptzelebrant die Messe. Er selbst gehörte fünf Jahre lang zum Kolleg in Braunau, von 1982 bis 1987. Für ihn sei der Gedenkgottesdienst wie ein Heimkommen, fasste er in seiner Begrüßung zusammen. Danach las er sehr persönliche Worte aus dem geistigen Testament von P. Hermann:
„Immer wieder habe ich bei den Predigten, im Unterricht und sonstigen Verkündigungen von der Frohen Botschaft gesprochen. Ich bin im tiefsten Herzen überzeugt, dass unser Gott die absolute, unverlierbare, bedingungslose und stets verzeihende Liebe ist, die uns Menschen niemals schaden wird. Er möchte uns glücklich machen, und ihm können wir durch und durch vertrauen […] Ich bin auch an vielen von euch schuldig geworden, sei es aus Egoismus, Mangel an Verständnis, menschlicher Schwäche oder auch Unachtsamkeit. Deshalb möchte ich jede und jeden, dem ich weh getan habe, den ich enttäuscht habe, dem ich Unrecht tat oder den ich auch zu wenig beachtet habe um Vergebung bitten, allen voran meinen engeren Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Freunden.“
P. Josef Wonisch liest aus dem geistigen Testament von P. Hermann Jedinger.
Die Predigt hielt P. Peter van Meijl, und er erinnerte darin an die offenherzige, aufrichtige und positive Lebenseinstellung, mit der P. Hermann 1982, trotz Trauer über die Auflassung des Kollegs Hamberg, sein neues Arbeitsfeld in Braunau bestritt. Er verglich mit der Musik: Es gibt Moll- und Dur-Klänge, und es sei die Mischung beider, die das Leben ausmache, ganz im Sinne der Sonntagslesung.
Nach der Predigt übernahm Brigitte Preisch das Wort. Als engste ehemalige Mitarbeiterin im Pfarrgemeinderat und Vertraute von P. Hermann erzählte sie in sehr persönlichen Worten von ihren Erinnerungen an ihn und an die Salvatorianer. Als Mitglied der damaligen Frauenrunde erkannte sie in P. Hermann sofort jemanden, mit dem sie gut zusammenarbeiten könne.
Doch wieso, fragt sich Preisch, sei P. Hermann 28 Jahre, nachdem er von Braunau wegging, immer noch so präsent? Die Antwort liege in seinem Charakter: Er sei ein authentischer, aufrichtiger Mensch gewesen, der auf die Menschen zuging: „Was er sagte, lebte er, und er lebte, was er verkündete.“ Das seien „die tragenden und nährenden Wurzeln unserer Gemeinschaft. Er hat sie grundgelegt, und wir haben daran weitergearbeitet“, erzählte Preisch.
P. Hermann setzte sich außerdem für Wortgottesfeiern ein; er selbst nahm sich oft zurück und übergab Verantwortung und Vertrauen den Gemeindemitgliedern. Damit schätzte P. Hermann bereits in den 1990er-Jahren ein, was Kirche seiner Meinung nach für eine gute Entwicklung brauche: Mut zur Selbstständigkeit.
Die Verbindung zu den Salvatorianern jedoch blieb über 28 Jahre hinweg bestehen, nicht zuletzt wegen der salvatorianischen Begegnungstage. Sie seien immer besondere Highlights gewesen, so Preisch, denn sie schufen ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl in der salvatorianischen Familie. Am 25. September 1994 fand der Begegnungstag in Braunau statt.
In der Fastenzeit wird in St. Franziskus ein sehr schöner Brauch zelebriert: Nach einem kurzen Wort-Impuls wird ein Wasserbrunnen vor dem Altar eingeschaltet und gemeinsam mit dem meditativen Plätschern das Lied „Alle meine Quellen“ gesungen. Seelsorgerin Elisabeth Kronreif schreibt dazu im Pfarrblatt Begegnung (Jg. 31, März 2024, S. 2):
„‚Alle meine Quellen entspringen in dir‘ ist ein sehr bekanntes Kirchenlied, das uns heuer an den Fastensonntagen im Gottesdienst begleitet. Das Lied erinnert uns daran, dass Gott Quelle und Ursprung unseres Lebens ist. Im alltäglichen Trubel ist oft diese Quelle verschüttet, so soll uns die Fastenzeit dazu dienen, diese Quelle – die uns zu einem Leben in Fülle führen möchte – neu zu heben und zu bedenken.“
Der Gedenkgottesdienst wurde mit Gitarre und Klarinette musikalisch begleitet.
Nach diesem schönen Brauch beendete P. Josef den Gottesdienst mit Worten von P. Hermann, erneut aus dessen geistigem Testament:
„Vielleicht versteht ihr nun, warum ich diesen Gottesdienst [sein Begräbnis] als Freudenfest betrachte: Ich bin am Ziel, geborgen in der unendlichen Liebe, der mich nichts und niemand mehr entreißen kann. Dafür hat es sich gelohnt zu leben, und dafür hat es sich gelohnt oft hart zu lernen, und dafür hat es sich gelohnt zu sterben.
Daher ist mein Wunsch für euch alle, dass auch ihr erfahren könnt, dass dieses Gottvertrauen auch in schwersten Zeiten trägt und hält, […] dass ihr euch stets einzig und allein eurem eigenen Gewissen und eurem eigenen Verantwortungsgefühl verpflichtet fühlt – und beides niemals durch einen anderen Menschen, auch durch keine ‚Autorität‘ ersetzen lasst, und schließlich, dass ihr die Liebe und Vergebung, die ihr täglich von Gott empfangen dürft, als ‚Engel‘ an andere weitergebt.
Denkt daran: Ich kann euch nun näher sein als jemals im Leben – und es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann wir uns wiedersehen. Ich freu mich drauf!“
Anschließend an den Gottesdienst stellte ich der Gemeinde in knappen Worten das Buch „Erweckte Begeisterung“ vor und lud ein, während des Pfarrcafés beim Büchertisch zu blättern und vielleicht das eine oder andere Exemplar mit nach Hause zu nehmen.
Robert Passini stellt das Buch „Erweckte Begeisterung“ vor.
Was P. Hermann hier in St. Franziskus in Braunau aufgebaut und begleitet hatte, war an diesem Laetare-Sonntag sehr deutlich zu spüren: Die Pfarrgemeinde St. Franziskus in Braunau wird von einem zwölfköpfigen Seelsorgeteam getragen, und diese lebendige Gemeinschaft, die Vielfalt in der Gottesdienstgestaltung, das Verabschieden eines „priesterzentrierten“ Pfarrlebens und vor allem die Atmosphäre der Offenheit und des Authentischen haben mich sehr beeindruckt. So fuhren wir nach einem gesprächsintensiven und inhaltsreichen Tag, durch den Geist dieses freudigen Gedenkfestes an P. Hermann Jedinger bereichert und beseelt, wieder zurück nach Wien.
Der Büchertisch bot Gelegenheit zum Blättern und Kaufen des neues Buches „Erweckte Begeisterung“.
P. Josef Wonisch und Josef Forsterpointner, engagiertes Pfarrmitglied und ehemaliger Organisationssekretär der Katholischen Jugend/Land (KJL) in der Diözese Linz
Foto 1: (c) Robert Passini
Fotos 2 bis 7: (c) Alois Stockhammer