P. Josef Wilfings #Inselpost Nr. 19: Abschiede, Begrüßungen und Feiern
Liebe Freunde und Bekannte,
inzwischen sind einige Monate verflogen. Vielleicht vergeht die Zeit deswegen so schnell, weil wir sie sinnvoll zu füllen wissen? Oder weil man älter wird und das Ende des Lebens stärker in den Alltag hineindrängt? Jedenfalls hat sich bei uns einiges ereignet, auch wenn die Aktivitäten nach außen noch sehr eingeschränkt sind. Es war in einer Weise gedrängt, dass ich auch kaum Zeit fand, auf die Mails zum letzten Brief zu antworten. Das soll sich ändrn.
Die Regenzeit hat dieses Jahr schon Mitte Mai begonnen. Es regnet jetzt fast jeden Nachmittag oder Abend, was manches Mal mit einem heftigen Gewitter verbunden ist.
Abschied P. Hermann Preussner
Am 1. Mai wurde P. Hermann Preussner nach gut zehn Jahren auf den Philippinen verabschiedet. Zu diesem Anlass war auch der neue deutsche Provinzial P. Friedrich Ehmde gekommen. Außerdem wollte dieser die Salvatorianer auf den Philippinen besuchen, deren Budget etwa zur Hälfte von der Deutschen Provinz gedeckt wird.
P. Hermann war in den ersten beiden Jahren Assistent der Novizenmeisters P. Hubert Kranz in Marikina/Manila. Danach übersiedelte er in das Haus Talon und war hier auf unterschiedlichtste Weise aktiv. Er war als Studienpräfekt tätig, unterrichtete Italienisch und gab Nachhilfe in Latein. Zudem gab er Vorträge in Geschichte der Salvatorianer für die Studenten im Haus und für die Novizen. Auf diese Weise und durch persönliche Gespräche hat er für zehn Jahre die Ausbildung auf den Philippinen wesentlich mitgeprägt.
Einen Sonntag im Monat ging er mit Sr. Wioletta und den Ursulinen-Schwestern für einen Gottesdienst in eines der Gefängnisse der Umgebung.
Dank seiner Freunde und vieler guter Kontakte in Deutschland konnten durch deren Spenden unsere Slumschule, die Gefangenenarbeit und auch die Kinderarbeit der Ursulinen unterstützt werden.
Nebenbei sei gesagt, dass es für mich schön und bereichernd war, mit ihm fast vier Jahre in einer Gemeinschaft leben zu können. Die Wertschätzung, die er überall – bei Alten und bei Jungen – genoss, zeigte sich auch bei seinem Abschied, da ihn unsere Studenten nur ungern ziehen ließen.
Wir wünschen ihm von hier aus viele erholsame und gleichfalls aktive Jahre in seiner alten und neuen Heimat im Kloster Steinfeld.
Talon
Die Ferien haben wir für jene, für die kein Heimaturlaub ansteht, für ein paar Tage am Meer genützt. Nasugbu ist ungefähr 50 Kilometer, das ist etwas mehr als eine Stunde mit dem Auto, entfernt. Wir wohnten in einem Resort als Selbstversorger, wurden aber vom Chef der Anlage zum Frühstück eingeladen.
Beim Abendessen am Meer: P. Theeban (li) u. P. Adam (re, vorne) usw. Selfie von Josef aus China. (c) P. Josef Wilfing
Der Strand ist schön, nicht überlaufen und eher flach. Das Meer war am Morgen ganz ruhig und am Nachmittag nur mit kleinen Wellen bewegt. Die Brüder zeigten ihre Kochkünste, sodass jedes gemeinsame Mahl ein Genuss war. Alles in allem hatten wir einen erholsamen und stärkenden Ausflug.
Die Gemeinschaft der Orden hatte in diesem Jahr auch in den College-Ferien Kurse in Persönlichkeitsbildung angeboten, sodass es möglich war, unsere Brüder daran teilnehmen zu lassen. Es ging um Selbstwert, Werteentwicklung, Theater (drei Kreativtage) und um die menschliche Sexualität. Da auch Kandidaten anderer Ordensgemeinschaften einschließlich junger Ordensschwestern teilnahmen, gab es die Gelegenheit, sich vielfach auszutauschen und neue Freundschaften zu schließen.
So weit ich das feststellen konnte, haben diese Tage für alle eine Bereicherung gebracht, auch wenn einige Seminare vorher mit Argwohn gesehen wurden, wie z.B. das Theater-Workshop.
Ende Mai kamen vier neue Studenten aus Ost-Timor, die wegen der Pandemie zwei Jahre warten mussten. Sie erhielten in dieser Zeit Englischunterricht online von den Lehrern unserer Englischschule. Als Teilnehmer an den Seminaren wurden ihre Englischkenntnisse sofort auf die Probe gestellt.
Im Juni kamen vier junge Männer aus Vietnam, die in Loyola wohnen werden, um mit dem Englischlehrgang zu beginnen. Für August erwarten wir vier Philippinos von der Insel Siargao, die auch am Englischunterricht teilnehmen werden. Diese acht erhoffen wir als zukünfitigen ersten Jahrgang in unserem Haus.
Insgesamt hat uns die Pandemie einigermaßen zugesetzt. Das waren die Reisebeschränkungen zuerst und damit verbunden war, dass uns ein oder sogar zwei Jahre von Neuanfängern fehlen. Und die Reisekosten haben sie ebenfalls erhöht. Ein Flugticket ins nahe gelegene Ost-Timor ist teurer geworden und mit mehreren Zwischenstopps verbunden als ein Flug nach Europa. Derzeit leben in unserem Haus nur 17 Philosophiestudenten, die geringste Zahl seit längerem.
Feiern
Am 14. Juni kam P. General und blieb bis zum 18. Er sollte bei den großen Feiern teilnehmen und die neue Leitung vorstellen. In der Vorbereitung wurden einige Hecken und Sträucher im Garten und im Innenhof gestutzt oder entfernt und durch niedrig wachsende ersetzt. Hier wächst ohnehin alles sehr schnell. Auch die Küche und der Lagerraum für die Speisen wurden aus diesem Anlass neu ausgemalt. Erfahrung hatten die Brüder bereits im Vorjahr gesammelt, als sie die Gästezimmer neu ausgemalt hatten.
Die neuen Novizen: China (3), Vietnam (2), Indonesien (2), Ost Timor (1) mit den „Offiziellen“. (c) P. Josef Wilfing
Acht Kandidaten wurden ins Noviziat aufgenommen und dem neuen Novizenmeister, P. Vinoy aus Indien, anvertraut. Fünf Novizen erhielten den Ordenshabit und legten am folgenden Tag ihre erste Profess ab. Sechs erneuerten ihre Gelübde und sechs versprachen sich für immer. Einer hat die Gemeinschaft verlassen.
Br. Adriano da Costa, erhält das Zingulum zum Habit. Er wird in Madrid studieren. (c) P. Josef Wilfing
Wenn jemand hier ankommt, dann beginnt er einen weiten Weg. Wenn alles normal läuft, Studium, Praxisjahre usw dehnt sich die Ausbildung auf bis zu zwölf Jahre bis zur Priesterweihe aus. Im besten Fall sollte man nach so vielen Jahren eine reife Entscheidung fällen können. Das erhoffen wir jedenfalls für jeden einzelnen.
Wenn wir Nachrichten von jenen erhalten, die diesen Ausbildungsweg abgebrochen haben, sind sie jedenfalls in der Weise positiv, dass die meisten sich im Leben zu behaupten wissen und manche auch sehr erfolgreich in ihrem Berufsleben sind.
Für mich zeigt das, dass der Weg, den wir hier gehen, richtig ist und keinen lebensunfähig macht.
Vikariat
Die Änderungen in unserer Einheit gehen langsam vor sich. P. Hubert ist zum neuen Superior des Vikariates ernannt worden, da P. Adam dieses Amt schon neun Jahre innehatte und es nicht mehr verlängert werden konnte. P. Adam wurde zu seinem Stellvertreter bestellt. P. Hubert wird vom Noviziat in das Haus Talon übersiedeln, wo auch ich bin, und hier P. Adam als Superior ablösen. P. Adam hingegen wird nach New Manila gehen, um P. Prasad als Superior zu ersetzen, der inzwischen nach Indien zurückgekehrt ist. P. Vinoy ist aus Indien als neuer Novizenmeister im Noviziat eingezogen und übernimmt das Amt von P. Hubert. P. Francis aus Vietnam wird im Haus Loyola, wo die Englischstudenten wohnen, neuer Superior werden. Unterstützen als Verwalter wird ihn P. Florensio von den Philippinen.
Das neue Leitungsteam: neben mir P. Florensio, P. Hubert, P. Adam, P. Francis. (c) P. Josef Wilfing
Mir wurde wieder die Aufgabe des Vikariatsprokurators übertragen. Wir haben gerade so viel, dass wir sehr behutsam mit unserem Geld umgehen müssen. Die erste Herausforderung wird sein, dass wir unter diesen Umständen im Haus Loyola notwendige Reparaturen beginnen müssen.
Aus diesem Anlass möchte ich einmal den vielen danken, die uns durch kleinere und größere Spenden über Wasser halten. Es gibt unter den mehr als sechstausend philippinischen Inseln welche, die bei Flut unter Wasser geraten und bei Ebbe wieder auftauchen.
Das ist vielleicht auch ein gutes Bild für unseren finanziellen Stand. Klagen aber dürfen wir keinesfalls, wir leben einfach aber gut wie etwa ein mittelständischer Philippino. Das entspricht auch etwa der Vorstellung unseres Ordensgründers P. Jordan. Niemand, auch kein einfacher oder armer Mensch, soll sich scheuen oder schämen, wenn er in eines unserer Häuser kommt.
Beim Ausmalen der Küche (dreimal Sri Lanka). (c) P. Josef Wilfing
Auf bürokratischer Ebene haben wir einen kleinen Erfolg erzielt, indem unsere Englischschule jetzt auch Studierende von auswärts aufnehmen darf. Momentan ist der Präsenzunterricht noch eingeschränkt. Wir sollten damit in spätestens drei Jahren soviel verdienen können, dass es günstiger ist, die Schule zu führen, als die Studenten in ein anderes Institut zu schicken.
Beim Abendessen am Meer: P. Theeban (li) u. P. Adam (re, vorne) usw. Selfie von Josef aus China. (c) P. Josef Wilfing
Philippinen
Die Wahlen sind geschlagen. Viele hofften, dass die derzeitige Vizepräsidentin Leni Robredo gewinnen würde und haben sich auch sehr dafür eingesetzt. Das sich lange abzeichnende Ergebnis war aber, dass der Sohn des gestürzten Diktators Ferdinand Marcos jr. mit der Tochter des jetzigen Präsidenten Sarah Duterte die Wahlen mit überlegener Mehrheit gewannen. Manche verdächtigen den ganzen Wahlgang als Betrug und meinen, dass die Wahlmaschinen vorprogrammiert gewesen sein könnten. Alle „Kontrolle“ konnte aber nichts dergleichen bestätigen. Auch die internationale Wahlbeobachter konnten keine Unregelmäßigkeiten feststellen.
Leni Robredo hat den Sieg sofort anerkannt und gratuliert, auch wenn das Wahlkampfteam von Marcos und viele „Trolle“ sie in den Socialmedia immer wieder schlecht beleumundet hatten. Dabei wurde sie für vieles beschuldigt, was keinerlei realen Hintergrund hat. Jedenfalls übernehmen die Wahlsieger die Philippinen in einer wirtschaftlich schwierigen Situation.
Die Lautsprecherwagen sind verschwunden, ebenso die Arbeiter, die vor den Wahlen noch zahlreich durch die Straßen wieselten, den Kanal in unserer Straße abzudecken begannen und neue Strommasten aufstellten. Ich verdächtige die ganze Sache, sodass man erst vor den nächsten Wahlen wieder eine ähnliche Emsigkeit an den Tag legen wird. Das sind vielleicht die im Dezember anstehenden Wahlen der Barangay-Käptens (Ortsvorsteher in Österreich) oder in drei Jahren bei den sogenannten Mid-Terms (wie in den USA).
Inzwischen ist der Präsident angelobt und alle hoffen auf bessere Zeiten.
Persönlich
Den ausgehenden Noviziatskurs durfte ich in den Exerzitien begleiten. Das war seit längerem wieder einmal und es tat mir gut. Das Haus der Birgitten-Schwestern bot ein gutes Ambiente.
Persönlich nütze ich die Monate hier, um an Geschichten zu arbeiten, die Bezug zu meinem Leben haben und in denen ich persönliche Erfahrungen und Überlegungen zu beschreiben suche. Diese wollte ich bis zu meinem nächsten Heimaturlaub fertig haben. Wir hoffen alle, dass wir in Kürze wieder unsere Kapelle für die Leute des Ortes öffnen können.
Mit der Landessprache mache ich leider nur kümmerliche Fortschritte, da ich sich das meiste hier in Englisch erledigen lässt.
Ich hoffe, dass euch dieser Brief wohlauf antrifft.
Bleibt gesund und zuversichtlich!
Ich sende euch herzliche Grüße von der Insel
P. Josef
Talon, Amadeo, Philippinen
1. Juli 2022