P. Erhard Rauchs Gedanken zum Karfreitag: Was es heißt, das Kreuz auf sich zu nehmen
Wirklichkeiten und Wahrheiten, die mein Leben bestimmen und tragen sollen, müssen so einfach sein, dass ich sie immer in mir gegenwärtig haben kann. Nur so kann ich von ihnen leben. Die Wirklichkeiten der Liebe sind von dieser Einfachheit. Die Wirklichkeit der Erlösung müsste es ebenso sein. Sie muss als Erfahrung der Liebe bewusst werden, damit sie unser Leben tragen kann.
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Der Satz: „Gott hat uns erlöst“, ist uns als Glaubenssatz vom Verstand her vielleicht klar. Doch die Wahrheit meines Lebens wird mir nicht nur durch den Verstand erschlossen, sondern sie geht mir auf, sie entfaltet sich durch mein ganzes Menschsein, wenn ich mit ihr lebe.
Das ist etwas anderes als ein stures Gebote halten. Und da braucht es bei uns manchmal ein Ausbrechen aus unserem Trott, einen Perspektivenwechsel. Unsere Gottesbeziehung ist oft unpersönlich, berechnend. Damit Gott nicht böse auf uns ist, bringen wir ihm Opfer. Christus hat uns eine andere Wirklichkeit gezeigt: Damit wir zu Gott finden können, bringt er ein Opfer! Gottesdienst ist nicht nur unser Dienst an Gott, sondern vielmehr noch der Dienst Gottes an uns.
Von Franz von Assisi wird eine berührende Situation berichtet: Die Brüder hatten beschlossen zu fasten. Einer hat es nicht geschafft und hat Franziskus angeboten, die Gemeinschaft zu verlassen, da er zu schwach sei, die Leistung nicht erbringen konnte. Wie hat Franziskus das gelöst? Er hat sich zu ihm gesetzt und hat mit ihm gegessen.
Ein Perspektivenwechsel. Er ist ihm nicht mit dem Gesetz, sondern mit der Liebe begegnet. Er hat das Erbarmen Gottes weitergegeben.
Das Kreuz Jesu besteht in der freiwilligen Selbsthingabe an die Menschen. Jesus ist gestorben, nicht weil sein Vater ein blutiges Vergeltungsopfer will, sondern weil die Menschen diesen letzten Einsatz brauchen, damit sie im Innersten begreifen, wie sie wirklich sind. Ich darf hier den Sohn nicht vom Vater trennen. In Jesus hat sich Gott selbst hingegeben. Jesus ist ja kein anderer als sein Vater!
Kreuz auf sich nehmen heißt also: Hingabe an die Menschen, Weitergabe des Erbarmens Gottes. Ich kann mitwirken an der Auswirkung der Erlösung, indem ich das Kreuz nehme, trage, anbete, berühre. Ich kann das Erbarmen Gottes ganz dicht an mich heranlassen und durchlassen.
[P. Erhard Rauch]
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