Die Salvatorianer in Rumänien
Bereits 1909 gab es Pläne zum Bau eines neuen Gotteshauses in Elisabethstadt, das 1914 eröffnet und von den Salvatorianern übernommen werden sollte, und der Errichtung eines Klosters vor Ort im Anschluss. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verzögerte die Bemühungen jedoch bis zum 15. August 1919, dem Gründungstag des Klosters, das an Lichtmess 1927 feierlich eingeweiht werden konnte.
Text: Martin Kolozs
Die kurze, gedruckte Übersicht „Die Salvatorianer in Ungarn“, welche im Vorjahr zum Ersten Weltkrieg erschien und noch nichts von den Schrecknissen und Auswirkungen des so genannten „Weltenbrandes“ wusste, fasst das Wesen der Gesellschaft des Göttlichen Heilandes folgendermaßen zusammen: „[Sie] ist international, dass heißt: sie umfasst alle Nationen; kein Land ist ihr zu weit entlegen, keine Sprache zu schwer, kein Klima zu ungesund, das sie abhalten sollte, an der Ausbreitung und Befestigung des Reiches Gottes mitzuwirken. Auch nach Ungarn kamen die Salvatorianer und übernahmen am 21. November 1898, am Feste Mariä Opferung, die Seelsorge in Mehala, welches am 1. Jänner 1910 zu einer Vorstadt Temesvárs erhoben wurde und nunmehr Temesvár-Ferencváros [= Franzstadt] heisst. […] Die drei Salvatorianerpatres1, die mit der Seelsorge betraut wurden, fanden ein grosses Arbeitsfeld vor. […] Der Besuch des Gottesdienstes an Sonn- und Feiertagen, der häufige Empfang der heiligen Sakramente, das blühende Vereinsleben beweisen, dass die Salvatorianerpatres darauf bedacht sind, ihre ganze Arbeitskraft, ihre Gesundheit und selbst das Leben für das Wohl der ihnen anvertrauten Gläubigen zu opfern.“2
Dieser außergewöhnliche pastorale Fleiß blieb weder unbemerkt noch unbelohnt, insofern die Salvatorianer durch den Bischof der Diözese Csanád, Alexander Dessewffy (1834-1907) zuerst gefördert und später durch seinen Nachfolger, Bischof János Csernoch (1852-1927), damit beauftragt wurden, auf der entgegengesetzten Seite der Stadt, der so genannten Elisabethstadt, eine Kirche mit Kloster zu bauen und die Seelsorge der rund 11.000 katholischen Einwohner mit zu übernehmen.
Ermöglicht wurde das Großprojekt durch eine generöse Erbschaft von 50.000 Kronen (= 250.000 Euro) aus dem Nachlass von Bischof Dessewffy sowie eines namhaften Beitrags der Stadt Temeswar für die Kostenübernahme und unzähliger Einzelspenden, um welche rundum in Wort und Schrift geworben wurde. Insgesamt sollten für den Bau von Kirche und Kolleg 150.000 Kronen (= 750.000 Euro) aufgewendet werden, und wurde bereits, neben dem gerade entstehenden Gotteshaus, ein circa 3.000 Quadratmeter großes Grundstück für das Kloster in Augenschein genommen, als unvermittelt, am 28. Juli 1914, der Ersten Weltkrieg ausbrach und nicht nur die Bauarbeiten beinahe zum Erliegen brachte, sondern auch einzelne Patres zum Frontdienst abberief.
Mit Mühe und Not konnte in den kommenden vier Jahren zwar die seelsorgerische Tätigkeit der Salvatorianer aufrechterhalten werden, aber es verzögerte sich die Fertigstellung bzw. Einweihung der Niederlassung in Temeswar-Elisabethstadt über mehrere Jahre nach Kriegsende, am 11. November 1918.
Pater Norbert Kerl SDS (1877-1943) beschreibt in einen Brief vom 1. Juni 1918 an Pater Pankratius Pfeiffer SDS (1872-1945) die damals vorherrschende Situation wie folgt: „In der Elisabethstadt, unmittelbar neben der Kirche, ist ein großes gut gebautes Haus mit 1.400 Quadratklafter Garten zu kaufen gewesen. Es hat 21 Zimmer an der Straßenfront und ebenso viele gegen den Garten zu. Dieses Haus nun haben wir gestern gekauft um 130.000 Kronen. […] Alle maßgebenden Persönlichkeiten freuten sich mit uns über diesen Kauf. Die Geldfrage macht nicht viel Sorgen. Vor Kurzem bot mir ein Pfarrer 10.000 Kronen ohne Zinsen an. Ein Domherr hat diese Woche im Dom bei einer Maipredigt die Salvatorianer empfehlend erwähnt, auf die Tätigkeit in der Franzstadt hingewiesen und die Leute aufgefordert, ganz besonders unsere Klerikerkandidaten zu unterstützen. Ein anderer Domherr sagte mir: Ihre Angelegenheit ist unsre Angelegenheit […] Von verschiedenen Seiten ist uns weiters Geld angeboten worden, teils als Geschenk, teils als Darlehen. Auch der Bürgermeister hat uns 1.500 Kronen verschafft. Das Ministerium gab uns 10.000 Kronen.“3
Daraus lässt sich zweifelsohne die große Bedeutung und Beliebtheit der Salvatorianer in Temeswar und seinen Stadtteilen, in welchen sie wirkten, ablesen, und, dass immer, trotz aller Hindernisse, mit vereinten Kräften nach Lösungen gesucht wurde, um in Temeswar-Elisabethstadt eine ebenso gedeihende Niederlassung der Gesellschaft des Göttlichen Heilandes wie in Temeswar-Franzstadt zu ermöglichen. Zielführend begonnen werden konnte dieses Werk schließlich vor einhundert Jahren, als am 15. August des Jahres 1919 der Grundstein des Kollegs Elisabethstadt gelegt und zum Fundament für eine ebenso wechselhafte wie herausfordernde Zukunft wurde.
1 P. Angelicus Bugiel SDS (1875-1937), P. Norbertus Kerl SDS (1877-1943), P. Paulinus Wrobel SDS (1873-1936) zusammen mit Br. Crispinus Dengel SDS (1865-1934) und Br. Oswald Fehlbier SDS (1865-1921), vgl. Schematismus Societatis Divini Salvatoris, Rom 1910, Provincia Austro-Hungarica, in: Documenta et Studia Salvatoriana, Tomus VIII (DSS VIII), Rom 1976, S. 333 f. und S. 357-371
2 DSS VI, S. 457 f. und S. 462
3Die Salvatorianer in Geschichte und Gegenwart 1881-1981, S. 263
Bildinformation
1. Kolleg Temeswar-Elisabethstadt 1927, nach dem Bau
2. Herz-Jesu-Kirche Elisabethstadt, 2019
Bildnachweis
1. Diözesanarchiv Temeswar
2. (c) Robert Passini
Literatur
- P. Gotthard Augustin SDS, Die rumänische Pro-Provinz, in: Kiebele, Kiełbasa, Münck, van Meijl (Hrsg.), Die Salvatorianer in Geschichte und Gegenwart 1881-1981, Rom 1981, S. 260-270
- Die Salvatorianer in Ungarn, Temesvár 1913, in: Documenta et Studia Salvatoriana, Tomus VI (DSS VI), Rom 1973, S. 445-473
Dieser Artikel ist in veröffentlicht in: die Salvatorianer, 2-2019, S. 16-17