Erneuerung des Glaubens
Aus Anlass des diesjährigen „Salvatorianischen Missionsjahres“, zu dem der Generalsuperior, Pater Milton Zonta, aufgerufen hat, soll der aktuelle Beitrag diesem Thema gewidmet werden.
Verkündigung und Mission zählen zu den Hauptsäulen salvatorianischer Ordensspiritualität. War die SDS von jeher global ausgerichtet, so wies ihr Ordensgründer Pater Franziskus Jordan stets aber auch auf die Wichtigkeit der Mission im eigenen Land hin. Deren Wirkungsfeld war jenes der Volksmissionare, ihr erklärtes Ziel die Glaubenserneuerung innerhalb der eigenen Kirche.
Text: Mag.a Doris Fries
Wie alles begann...
Im Jahr 1919, unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg, begannen auch die Salvatorianer mit diesem Apostolat auf deutschsprachigem Boden. Bedarf war in hohem Maße gegeben: die Bevölkerung war durch Schrecken und Entbehrung des Krieges traumatisiert, demoralisiert und in ihrem Glauben erschüttert. „Mehr denn je ist es gerade in unserer Zeit mit all ihrer Aufregung und Unruhe, ihrer Erbitterung und Verbitterung, ihrer gegenseitigen Anfeindung und Abneigung [...] notwendig, sich wieder auf das eine Notwendige zu besinnen, auf Gott und unsere unsterbliche Seele. Nach Frieden verlangt der Mensch, nach Ruhe, nach Glück. Das alles kann nur gefunden werden in Gott. [...] Und das ist auch der Zweck der hl. Mission“1, schrieb auch der Generalsuperior, Pater Pancratius Pfeiffer, an seine Mitbrüder.
Hamberg, Scholastikat und Volksexerzitienhaus der Salvatorianer
In eben diesem Jahr richteten die Salvatorianer auf österreichischem Boden unweit der deutschen Grenze in ihrem Kolleg Hamberg zusätzlich zum bereits bestehenden Scholastikat ein „Volksexerzitienhaus“ ein. Von dort aus sollten zahlreiche Volksmissionen vor allem auf süddeutschem und oberösterreichischem Gebiet ihren Ausgang nehmen. Die ersten Volksmissionen im Jahr 1919 führten die Salvatorianerpatres nach Oberösterreich ins Innviertel, zu allererst nach Kopfing, unmittelbar danach nach St. Roman und schließlich nach Zell an der Pram.2
Das salvatorianische Motto als Grundidee
Das salvatorianische Ordensmotto, der Heilsgedanke, diente als Grundidee und Motto der Verkündigung. Pater Theophilus Muth, der erste Provinzial der österreichischen Provinz, dazu resümierend: „Heiland bedeutet Heilbringer, auch in unserer Zeit. Alles Heil des Einzelmenschen und der menschlichen Gesellschaft beruht zuletzt doch auf der Hinwendung zu Gott und den durch seinen Sohn geoffenbarten Heilswahrheiten...“.3
Hinsichtlich Organisation und Ablauf äußerte sich Generalsuperior Pfeiffer im Jahr 1921 wie folgt: „Der hochw. P. Timotheus [Moser] wurde zum Sekretär der Volksmissionen ernannt. Er korrespondiert als solcher mit den hochw. Geistlichen, die eine Volksmission wünschen und unterbreitet seine Vorschläge dem hochw. P. Provinzial zur Genehmigung. Ist diese erfolgt, so sagt er den Geistlichen zu und veranlasst das Weitere.“4
Hatte eine Pfarre also Bedarf an der Durchführung von Missionen und Exerzitien innerhalb einer Gemeinde, so formierte sich ein Team an Salvatorianerpatres und hielt im Rahmen eines dichten liturgischen und seelsorgerlichen Angebots ein bis zwei Wochen Gottesdienste, Predigten, bot Vorträge und Beichtgelegenheit an und spendete die Sakramente.
Ein salvatorianisches Erfolgsteam
Gruppenbild Volksmission
1. Reihe, sitzend von links: PP. Wenzeslaus Raschke, Rhabanus Neumeier
rechts: P. Cyprian Seidl
oberösterreichischer oder süddeutscher Raum, 1932-36
Ein Foto aus dem Bestand des Hausarchivs Hamberg im Wiener Provinzarchiv zeigt die drei österreichischen Salvatorianerpatres Wenzeslaus Raschke (1886-1965), Rhabanus Neumaier (1882-1940) und Cyprian Seidl (1895-1963) um die Mitte der 1930er-Jahre während einer Volksmission vom Hamberg aus. Die Patres sind mit dem Ordenshabit bekleidet und tragen das charakteristische Missionskreuz auf der Brust. Das Gruppenbild wird ergänzt durch die Priester der Pfarrgemeinden, in denen die Patres wirkten. Die Chronik der Volksmissionen vom Hamberg macht den unermüdlichen missionarischen Einsatz der drei deutlich: Die Aufzeichnungen darin führen das Team zwischen 1932-36 für den Großteil der getätigten Missionseinsätze im oberösterreichischen und bayrischen Raum an. Allein im März 1933 verging nicht ein einziger Tag, an dem die drei nicht als Missions- oder Exerzitienleiter wirkten!5
Lob und Ermahnung
Das Lob von Seiten der Geistlichen aus den Pfarren ließ auch nicht lang auf sich warten. Pater Pancratius 1919: „In letzter Zeit wurden von unseren Patres wiederholt Volksmissionen abgehalten. Das Resultat war in allen Fällen ein sehr erfreuliches. Man war mit den Leistungen der Patres ausserordentlich zufrieden; so namentlich auch in Wien.“6 Die volksmissionarische Tätigkeit barg somit auch zusätzliches Potenzial: So erhöhte sie nicht nur die Popularität des in dieser Zeit noch relativ unbekannten Ordens, sondern bot gleichzeitig auch die Möglichkeit der Berufswerbung, also der Werbung um „Ordensnachwuchs“. Pater Pancratius 1920: „Immer mehr erkenne ich, dass Missionen das Mittel sind, uns bei den Leuten bekannt und beliebt zu machen und auf diese Weise Nachwuchs zu bekommen.“7
Pater Theophilus Muth berichtet aber auch von den steinigen Anfängen und Schwierigkeiten, mit denen die „Pioniere der Volksmission“ konfrontiert waren. Sie machen insbesondere auch die geänderte politische Lage nach dem Ersten Weltkrieg spürbar. „Die erste Mission hielten sie in einer Pfarrei, in der die eigenen Pfarrkinder ihren Pfarrer wegen politischer Äußerungen hatten verhaften und abführen lassen. In einer zweiten hielt man ständig Volksversammlungen gegen den Klerus der eigenen Pfarrei ab. In einer dritten verweigerte sich die Gemeinde, ihre Sterbenden vom missliebig gewordenen Pfarrer versehen zu lassen. In manch anderer Pfarre drohte der Sozialismus die Mission zu sabotieren. Die Pfarrer wagten kaum die Mission und empfingen die Missionäre mit der ängstlichen Bitte, ja alles zu unterlassen, was das aufgeregte Volk in Harnisch bringen könnte.“8
Waren die anfänglichen Schwierigkeiten erst einmal überwunden, so stellte sich der ersehnte Erfolg, wie erwähnt, schon bald ein. Mit zunehmender Sicherheit dürften jedoch einige Patres in ihrem missionarischen Eifer auch über das Ziel geschossen haben und wurden daraufhin vom Generalsuperior wiederholt ermahnt: „Ich hob bereits [...] hervor, daß man mit unseren diesbez. Leistungen recht zufrieden ist. Möge es auch ferner so bleiben und mögen unsere Volksmissionäre stets nicht nur durch gut vorbereitete Predigten und Vorträge, sondern auch durch Bescheidenheit und Milde die Seelen für den Heiland gewinnen.“9 Mehrfach werden die Mitbrüder zur Wahrung von Bescheidenheit und Demut bei ihrer Tätigkeit angehalten, denn Hochmut zeuge von Beschränktheit...10
Nach jahrzehntelangem, segensreichem Wirken kam es schließlich in der Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil zu einem empfindlichen Einbruch im Apostolat der Volksmission: der umfassende gesellschaftliche Wandel und die damit einhergehende sich ändernde Spiritualität ließ schließlich auch die Nachfrage nach Missionseinsätzen in der Bevölkerung zurückgehen. Als einer der letzten großen, namhaften Volksmissionare Österreichs ist Pater Robert Jedinger zu nennen. Er wirkte bis Anfang der 1990er-Jahre und beendete im Wesentlichen auch die Ära der traditionellen, salvatorianischen Volksmissionen hierzulande.
Pater Robert Jedinger SDS (1928-1992)
1 Salvatorianer Chronik, 3. Jhg., Nr. 3, Freiburg/Schweiz 1. Mai 1919, S. 199
2 Franz Exiller, Die Geschichte der Salvatorianer in Österreich bis 1938, Graz 1984, S. 44 f.
3 [Pater Theophilus Muth,] Die Salvatorianer, Gedenkblätter zu ihrem fünfzigjährigen Bestand 1881-1931, Wien 1931, S. 25
4 Annales SDS, Vol. II, Teil 1, Nr. 4, Rom 1. März 1921, S. 69
5 5. bis 12.3.1933 in Enzenkirchen/Oberösterreich; 12. bis 19.3.1933 in Tettenweis/Niederbayern/Deutschland; 17. bis 24.3.1935 in Kollerschlag/Oberösterreich; 19. bis 26.3.1933 in Leonding bei Linz/Oberösterreich; 26. bis 30.3.1933 in Vichtenstein/Oberösterreich
6 Annales SDS, Vol. II, Teil 1, Nr. 1, Freiburg/Schweiz, 1. November 1919, S. 13
7 Ders., S. 13
8 [Pater Theophilus Muth,] Die Salvatorianer, Gedenkblätter zu ihrem fünfzigjährigen Bestand 1881-1931, Wien 1931, S. 24 f.
9 Annales SDS, Vol. II, Teil 1, Nr. 2, Freiburg/Schweiz 1. März 1920, S. 21
10 Vgl. Annales SDS, Vol. II, Teil 1, Nr. 1, Freiburg/Schweiz, 1. November 1919, S. 14
Bildinformation
- Hamberg, Scholastikat und Volksexerzitienhaus der Salvatorianer
- Gruppenbild Volksmission, 1. Reihe sitzend von links: PP. Wenzeslaus Raschke, Rhabanus Neumeier, rechts: P. Cyprian Seidl, oberösterreichischer oder süddeutscher Raum, 1932-36
- Gebetsbildchen der Missionsrenovation der drei Patres in Taufkirchen an der Pram/Oberösterreich, 1933.
Dieses erhielt jeder Teilnehmer als Impuls und Wegweiser für sein weiteres Glaubensleben.
Bildnachweis
Archiv der österreichischen Pro-Provinz der Salvatorianer (asa), Hausarchiv Hamberg, asa-08.1
Literatur
- Salvatorianer Chronik, 3. Jhg., Nr. 3, Freiburg/Schweiz, 1. Mai 1919
- Annales Societatis Divini Salvatoris [SDS], Vol. II, Teil 1, Nr. 1, Freiburg/Schweiz, 1. November 1919
- Ders., Vol. II, Teil 1, Nr. 2, Freiburg/Schweiz, 1. März 1920
- Ders., Vol. II, Teil 1, Nr. 4, Rom, 1. März 1921, S. 69
- Franz Exiller, Die Geschichte der Salvatorianer in Österreich bis 1938, Graz 1984
- [Pater Theophilus Muth,] Die Salvatorianer, Gedenkblätter zu ihrem fünfzigjährigen Bestand 1881-1931, Wien 1931
Dieser Artikel ist veröffentlicht in: SDS-Mitteilungen, 2015-2