P. Paulus Weinschrott
Wenn die Salvatorianer ihren Gründer P. Jordan ein Jahr lang ehren, ist es nur Recht, auch seine Nachfolger in Erinnerung zu rufen, die in seinem Sinne gewirkt und sein Werk bezeugt haben. P. Paulus Weinschrott gehört zu diesen außergewöhnlichen Persönlichkeiten der Nachfolge P. Jordans.
Text: Robert Passini
Mit der salvatorianischen Geschichte Temeswars ist ein Pater untrennbar verbunden. Er war während der Zeit des Kommunismus in Rumänien tätig und vermittelte „einer ganzen Generation junger Menschen christlichen Geist sowie christlichen Mut“1. Die Rede ist von P. Paulus Weinschrott (1919-1960), der 41-jährig im Gefängnis in Gherla, Rumänien, starb. Seine letzten Worte sprach er im Beisein des mitgefangenen Pfarrers Jeronim Şuşman in der Gefängniszelle:
„Einander lieben und verzeihen“2. P. Paulus‘ Novizenmeister, P. Johannes Blum, fasste an seinem Grab zusammen: „Als Schüler war er immer der Erste, im Gebet der Eifrigste und als Priester der Beste.“3
„Sein Beruf ist außer jedem Zweifel“
Obwohl seine Eltern sehr arm waren, trat der 1919 in Bacova (heute Rumänien) geborene Antonius Weinschrott 1932 dank Gönnern in das Salvatorianerkloster in Temeswar ein und studierte von dort aus an der „Banatia“, dem staatlichen deutsch-ungarischen Lyzeum. Weinschrott galt als Musterschüler, obwohl er als Kind „lange Zeit nicht sprechen konnte“4. Sowohl in der Schule, als auch bei der späteren Ausbildung zum Priester wurden P. Paulus‘ Leistungen mit den besten Noten belohnt. In der Pfarrkirche der Elisabethstadt folgte am 7. September 1940 die Einkleidung. Seinen Ordensnamen wählte er nach dem Völkerapostel Paulus von Tarsus. Im Abschlussbericht über P. Paulus‘ Noviziat schrieb P. Johannes Blum: „Sein Beruf ist außer jedem Zweifel. Seine Frömmigkeit ist heiligmäßig.“5 Bereits fünf Jahre vor seiner Priesterweihe vermittelte der junge Frater dem Generalsuperior in einem Brief vom Mai 1941 seine wertschätzende Auffassung des Priesterums: „Wenn es im täglichen Leben Amtsstunden gibt, für den Priester gibt es keine!“6
Mit Motorrad und Briefpredigt
Nach seiner Priesterweihe 1946 wurde er als Kaplan in den Pfarren in Mehala und Elisabethstadt eingesetzt. Außerdem war er „in der Ausbildung der jungen Salvatorianer als Novizenmeister tätig und immer auch viel auf Missionsreisen unterwegs mit seinem Motorrad.“7 Auch Hausweihen, Exerzitien und Maiandachten mit Konferenzpredigten hielt P. Weinschrott ab. Bekannt wurde er durch seine Predigten, nicht nur in der Mehala und Elisabethstadt,
sondern auch in vielen Gemeinden, in denen er als Seelsorger aushalf. „In einem einzigen Jahr (1956) hat er 202 Predigten gehalten. […] Die Menschen redeten vor der Kirche, auf der Straße, am Arbeitsplatz und Zuhause über seine Predigten.“8
Wie sein Namensgeber, der heilige Paulus, besaß P. Weinschrott die Gabe der Verkündigung. „P. Paulus hat Tag und Nacht geschrieben.“9 Er verfasste Rundbriefe zu verschiedenen Anlässen, schrieb Manuskripte für Bücher, die unter dem Kommunismus nicht gedruckt werden konnten, sowie zahlreiche Tagebücher.
1951, in der Zeit des Kommunismus, wurden über 40.000 Menschen aus dem Banat in die dürre Steppenlandschaft des Bărăgans deportiert, eine Tiefebene im südöstlichen Teil Rumäniens. Über diese Menschen machte sich P. Paulus besondere Sorgen. Da es in dieser Gegend keine katholischen Priester gab, verfasste er Briefpredigten, die über geheime Wege zu den Menschen gelangten. Im ersten dieser Briefe schrieb er: „Denn ich will und werde Sachen bringen, die praktisch und von großem Interesse für Euer geistliches Wohl sein können. Und ist die Seele aufgefrischt, gestärkt und gesundet, so kann körperliches Leid viel leichter getragen werden. Leiden müssen wir nun einmal, so oder so. Drum lieber klug für unser Heil, als murrend zu unserem Verderben.“10 Worte, die sich einige Jahre später in seiner Zeit im Gefängnis bewahrheiteten. Diese Briefe „sind einfach und leicht verständlich redigiert, und haben einen tiefen religiösen Charakter“11, erzählte Prof. Eva Wiener bei einem Treffen von P. Paulus‘ ehemaligen Religionsschülerinnen im März 1999.
Unnachgiebig mit Gottvertrauen
Weil der junge Antonius Weinschrott nicht sprechen konnte, machte seine Mutter mit ihm eine tagelange Fußwallfahrt nach „Maria Radna“. Später hielt er als Seelsorger selbst Ansprachen bei diesen Wallfahrten. Eine von ihnen setzte er für die Gemeinde von Bacova bewusst am gleichen Tag an, an dem die Befreiung des Vaterlandes gefeiert werden sollte. Dies wurde als „hasserfüllte Haltung gegenüber dem Volksdemokratischen Regime“12 gedeutet und ihm neben anderen Anklagepunkten vorgeworfen.
Am 13. Jänner 1958 wurde P. Paulus Weinschrott verhaftet und am 10. April des gleichen Jahres verurteilt, „wegen des Deliktes der Machenschaften gegen die Gesellschaftsordnung“ sowie „der Verbreitung verbotener Schriften“13, so die offizielle Begründung. Er habe die Kanzel missbraucht, um das Volk gegen die Regierungsform aufzuhetzen.
Mehrere Zeugenaussagen aus dem Gefängnis belegen, dass P. Weinschrott trotz Folter, Lebererkrankung, unerträglicher Kost und unterlassener ärztlicher Hilfe selten geklagt und sein Leiden still ertragen hat. Nur manchmal rief er: „Meine Schmerzen! Meine Schmerzen! Jesus! Jesus!“14 Jeden Tag meditierten er und die mitgefangenen katholischen Geistlichen in der Zelle. Die Themen wählte P. Paulus selbst: „das Priestertum und das Leiden sowie das Erdulden der Verfolgung für Christus“15. Am 3. Juni 1960 starb er im Gefängnis.
Menschen, die bis in den Tod konsequent einer Sache dienen, könnten als unnachgiebig bezeichnet werden. In P. Paulus‘ Leben jedoch spielte wohl starkes Gottvertrauen eine große Rolle. Er wurde 2015 in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen. Die „Jugendfarm“ in seinem Heimatort Bacova bei Temeswar, die langzeitarbeitslosen Männern und Frauen Chancen für einen Neuanfang bietet, trägt inzwischen seinen Namen. Eine ehemalige Religionsschülerin bezeugt: „Er war für uns ein Heiliger“16.
1,10,11,16 Just, S. 16, 39, 110
2, 3, 8 Krier
4-7, 9, 12-15 P. Josef Brauchle SDS, in: Just, S. 21, 24 f., 28, 31, 34-37
Bildinformation
P. Paulus Weinschrott beim Rosenkranzbinden
Bildnachweis
Heiland der Welt, 1998/2, S. 35
Literatur
- Hans Matthias Just (Hrsg.), In den Krallen des roten Drachen – Ein Märtyrer des XX. Jahrhunderts, Temeswar 1999
- Peter Krier, Pater Paulus Weinschrott SDS. Ein Märtyrer unserer Zeit, http://www.banaterra.eu/german/content/pater-paulus-weinschrott-sds-ein-m-rtyrerunserer-zeit, Zugriff: 5.9.2017
Weiterführende Literatur
- Helmut Moll (Hrsg.), Zeugen für Christus, Das deutsche Martyrolo gium des 20. Jahrhunderts, Band II, Paderborn 1999, 6. Auflage 2015, S. 1199 ff.
Dieser Artikel ist veröffentlicht in: die Salvatorianer, 3-2017, S. 16-17