Ein Jahrzehnt des Dienens: Ein Blick auf P. Josef Wonischs Amtszeit als Provinzial
Wie fühlst du dich jetzt, nach all dem Erlebten?
Ich bin glücklich und zufrieden, aber auch müde. Es war am Provinzkapitel ein guter Geist zu spüren, und es war tatsächlich ein optimistischer, zuversichtlicher Blick in die Zukunft.
Du hast von all deinen Mitbrüdern großen Applaus erhalten.
Ja, sehr viel Wertschätzung und Anerkennung für das, was wir als Leitungsteam in den über zehn Jahren doch geschaffen haben. Dafür bin ich sehr dankbar. Es war mir beim Bericht zum Provinzkapitel wichtig, nicht nur alles schönzureden, sondern auch das ehrlich auszudrücken, wo ich vielleicht etwas schuldig geblieben bin, und wo meine Schattenseiten liegen. Das zuzugeben kann Mitbrüder ermutigen und zur Wertschätzung beitragen. Ja, es gibt genug Positives, das wir miteinander erreicht haben, aber es ist auch wie mit dem Bild des Eisbergs: Vieles ist nicht auf den ersten Blick sichtbar. Mir war es wichtig, im Abschlussbericht auch die sehr per sönlichen Seiten zu zeigen, die nicht immer schön waren und auch schmerzhaft sein konnten. Es war mir wichtig zu zeigen, dass wir diese Herausforderungen gut durchgestanden haben. Wir haben uns auch ermutigen lassen, dass wir uns von außen begleiten lassen, was keine Schwäche, sondern eine Stärke darstellt.
Am 8. Dezember 2024 übergab Provinzial P. Josef Wonisch sein Amt an seinen Mitbruder P. Martón Gál. (c) Martin Maria Eder
Du warst zehn Jahre lang Provinzial.
Am 1. Juli 2014 habe ich zum ersten Mal meinen Dienst angetreten. Dieser wurde dann zweimal verlängert. Am 8. Dezember, unserem Gründungstag, nimmt das neue Provinzialat seinen Dienst auf.
Hast du Pläne für die Zukunft?
Zunächst werde ich im Dezember eine Woche kontemplative Exerzitien machen. Dann werde ich ab Jänner eine längere Auszeit nehmen, um einerseits für meine Gesundheit aktiv zu werden und um innerlich auszukundschaften, was ich nachher machen möchte. Ich bin offen für einen neuen Auftrag in einem anderen Kontext, möglicherweise in einem anderen Land oder in einer anderen Einheit. Es gibt einige Möglichkeiten, die mich interessieren und in denen ich mich noch einbringen könnte, in der Seelsorge und in der internationalen Ausbildung junger Mitbrüder. Ich möchte weiterhin ein Hörender und Lernender bleiben. Ich möchte der Frage nachgehen, wofür uns der selige Franziskus Jordan in der heutigen, oft verwirrenden und schwierigen Situation eine Ermutigung und Impuls zum zuversichtlichen Weitergehen geben kann. Es geht darum, die Verbindung zum lebendigen Gott zu finden, und das erreicht man durch das beharrliche Gebet, durch die Betrachtung der Bibel und auch durch ein Leben in Gemeinschaft. Diese tragfähige Botschaft müssen wir vermitteln.
Mit P. Márton Gál als neuen Provinzial haben junge Leute auch einen jungen Ansprechpartner.
Wir haben mit P. Márton eine gute Wahl getroffen, das zeigt den offenen Geist und was unser Ordensgründer P. Jordan wollte: „Andere werden kommen und unserer Leiden eingedenk sein und weiterarbeiten.“ Das zeigt mir, dass junge Mitbrüder wirklich bereit sind, weiterzuarbeiten. Ich muss das Licht nicht ausmachen. Aber auch wir Älteren können etwas Wichtiges durch unsere Präsenz beitragen. Junge Menschen sind schnell begeistert, das ist gut so. Mit einer langjährigen Erfahrung kommt auch Gelassenheit dazu.
Welchen Rat würdest du P. Márton mit auf den Weg geben?
P. Márton bat mich, in das Buch vom Lebensweg von Papst Franziskus, das ich ihm schenkte, etwas zu schreiben. Es ist das, was der zukünftige Kardinal Timothy Radcliffe den Synoden-Teilnehmern in Rom am 21. Oktober 2024 gesagt hat, dem Tag Mártons Wahl zum Provinzial. Ich rate P. Márton: Mutig zu sprechen, offen zuzuhören sowie das Vertrauen in Gottes Vorsehung zu bewahren. Papst Franziskus spricht Dinge offen aus und ist nicht ängstlich. Das andere ist dieses offene Zuhören, das Zeit erfordert. Die göttliche Vorsehung hat mich erschaffen, sagt unser Gründer, P. Franziskus Jordan. Also das, was Gott vorgesehen hat, nämlich das Beste für den Menschen zu wollen. Dass er in Freiheit da hingelangt und nicht durch Zwang. Aber mit der Freiheit kommt auch das Schmerzvolle, das Prozesshafte. Es kann viel danebengehen, jedoch wird es letztlich gut – weil alles in Gottes Hand ist. Er lässt uns nicht fallen. Gottvertrauen ist wichtig, auch gerade, wenn so manches nicht gelingt. Er gibt den Menschen nicht auf und kann auf krummen Zeilen gerade schreiben. Das ist leicht gesagt.
Das Schöne ist, dass ich die Pro-Provinz vertrauensvoll über geben kann. Ich habe weitergebaut, und wir werden weiterbauen mit einer neuen Leitung. Im neuen Provinzialat haben wir unsere besten Kräfte: Neben P. Márton sind dort auch P. Franz Tree und P. Johannes Neubauer. Mit P. Erhard Rauch haben wir einen sehr erfahrenen Mann.
Du siehst der Zukunft der Salvatorianer mit Gottvertrauen entgegen?
Ja, auf alle Fälle. Da hat sich in mir etwas geöffnet in diesem Blick des Kleiner- und Unbedeutender-Wer dens. Es geht zentral um Tod und Leben, Auferstehung. Tod ist nicht das Letzte. So sind wir mutig genug, mit dem Auferstandenen zuversicht lich weiterzugehen. Unser Jubiläums-Motto „weiter denken, weiter gehen“ hat uns angeregt, eben weiter zu denken und nichts zu verbieten. Vertrauen bedeutet nicht, dass man nicht mehr denken muss, sondern erlaubt es, auch querzudenken. Wir dürfen zwischenzeitlich auch Angst haben, solange sie uns nicht hindert, weiterzugehen. Als internationale Gemeinschaft ist das ein Segen, dass junge Mitbrüder aus der ganzen Welt sich auch für den Dienst in Westeuropa zur Verfügung stellen. Das ist großartig. Das ist das Gegenteil von Nationalismus. Wir sind viele, weltweit – mit allen Macken und Unterschieden.
Und wir haben eine Vision. Die haben wir vom seligen Franziskus Jordan, von diesem Menschen aus einem kleinen Dorf, der weit und global denken konnte und uns ermutigt, offen zu denken und mutig zu handeln, wie es Papst Franziskus auch für die weltweite Kirche macht. Die Vision unseres Gründers geht mit Papst Franziskus auf!
Der Artikel erschien erstmals in "die Salvatorianer" 2/24