Bußfeier in der Fastenzeit 2020
Hinführung
Die Österliche Bußzeit ist eine Zeit der Reflexion, der Einkehr und der Umkehr:
- Wer bin ich – und wer bin ich vor Gott?
- Wie gehe ich mit Leid um?
- Mit dem, was ich selbst erleide und mit dem, was ich anderen zufüge?
- Wie gehe ich mit der momentanen Krise um?
Die Botschaft, dass wir in der Liebe Gottes gehalten sind, ist Einladung und Ermutigung, die eigenen Beziehungen anzuschauen und liebevoll zu verändern.
Das Sakrament der Versöhnung für einzelne und der Bußgottesdienst in unserer Gemeinschaft sind eine Hilfe und ein Angebot zur Besinnung und Bereitung auf das Osterfest, dem Sieg der Liebe Gottes über Sünde und Tod.
1. Eröffnung
Begrüßung und Einführung
Es ist gut, jetzt abzuschalten, still zu werden, inne zu halten und sich Zeit zu nehmen für die persönliche Vorbereitung auf Ostern.
Liturgischer Gruß
So wollen wir beginnen: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Der Herr ist mit euch.
Und mit deinem Geiste.
Lied: Oh Herr, nimm unsre Schuld…GL 273 1-4
Gebet:
Lasset uns beten.
Barmherziger Gott, du freust dich über jeden Menschen, der seine Schwächen, Sünden und Fehler ehrlich bereut. Bei dir finden wir immer ein offenes Herz. Hilf uns, dass auch wir einander vergeben können, wie du uns vergibst. Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Gott, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.
2. Geschichte und Impulse
Wir hören die Geschichte vom „doppelten Kreuz“ und schauen dabei auf unsere eigene Situation.
Schulklasse in Graz, BG Carnerigasse: - Da fiel einer Professorin etwas auf. In jeder Klasse hing ein Kreuz. Aber wie hingen die meisten Kreuze da? Achtlos konnte man sie zwischen Plakaten von Popstars, Bildern und Zahlentabellen sehen. Eines war sogar durch eine Landkarte von Afrika überdeckt. Der Lehrer hatte gerade keinen passenderen Haken gefunden als den, an dem das Kreuz hing.
Im Lehrerzimmer berichtete sie von ihrer Beobachtung. Manche hörten darüber hinweg. „Was soll‘s?“, sagte ein Kollege. Aber Herr Professor Stieber wurde hellhörig. Er war für das Fach Geographie, Philosophie und Werken zuständig.
Am nächsten Morgen sagte er: „Frau Kollegin Hubmann, Sie haben mich gestern auf etwas aufmerksam gemacht.“ „So?“, sagte Frau Hubmann. „Ja. Sie haben von den Kreuzen in den Klassenräumen erzählt.“ „Ach so, ja! Ich werde in dieser Zeit vor Ostern in meiner Klasse das Kreuz zum Thema machen. Wir werden darüber reden. Vielleicht kommen die Schüler darauf, das Kreuz aufmerksamer zu sehen oder es gar einmal zu schmücken.“ Herr Prof. Stieber fragte: „Was halten Sie davon, wenn ich im Werkunterricht mit Ihrer Klasse Kreuze basteln lasse?“
Manchmal war Frau Hubmann in ihrem Beruf glücklich. Das war so ein Augenblick. „Das finde ich sehr gut“, sagte sie. So kam es, dass die Klasse 4c des Gymnasiums diesmal nicht Osterschmuck fertigte, sondern Kreuze gestaltete. Und weil Frau Hubmann ausführlich mit den Burschen und Mädchen darüber gesprochen hatte, ging es auch ganz gut. Bis auf einmal Paul rief: „Mensch, schaut her, was der Filippo macht. Der hat rein gar nix kapiert.“
Filippo war erst seit kurzem in der Klasse. Er hatte Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. „Filippo kommt aus Portugal“, hatte Frau Hubmann erklärt. Meist stand Filippo allein auf dem Schulhof. Überhaupt, er stand oft daneben und schien nicht dazuzugehören. Nur Karin kümmerte sich ein bisschen um ihn. Sie wohnte zwei Häuser neben Filippo. Sie wusste, dass sein Vater arbeitslos war, dass er sich oft betrank und Filippo verprügelte.
„Überhaupt nix hat der Filippo kapiert“, rief Paul nochmals. „Der macht zwei Christusse ans Kreuz. War doch bloß einer!“ Herr Professor Stieber ging zu Filippo. Tatsächlich, da hatte der Junge über den Körper am Kreuz einen zweiten kleineren gelegt. „Warum hast du das so gemacht, Filippo?“, fragte Herr Prof. Stieber. In der Klasse lachten einige hämisch.
„Nix kapiert“, sagte Paul zum dritten Mal. Filippo schwieg einen Augenblick. Dann sagte er: „Genau wie ich.“ Wieder lachten einige. Aber Herr Stieber sagte: „Nun hört euch doch einmal genau an, was Filippo dazu sagt. Vielleicht geht euch dann ein Licht auf.“ „Ich meine“, versuchte Filippo zu erklären, „verspottet, rumgeschubst, angespuckt. Genau wie ich!“
Es wurde sehr still in der Klasse. Filippo wurde verlegen und sagte: „Und Frau Hubmann hat gesagt: ‚Er ist für uns alle gekreuzigt worden‘. Für mich auch?“ - „Ganz gewiss“, antwortete Herr Stieber. „Für dich, für mich, für alle Menschen.“ Filippos Platz in der Klasse blieb ein paar Wochen später leer. „Sind weggezogen“, sagte Karin. Doch Filippos Kreuz war aufgehängt worden. Es erinnert noch oft an den Jungen aus Portugal, für den Jesus auch am Kreuz hängt.
Kurze Stille
Besinnung I: Verurteilen
Filippo findet sich mit seinem Leben in dem wieder, was Jesus auf seinem Kreuzweg erlebt hat. Er sieht sein Leben mit dem Leben Jesu verbunden. Ein Mitschüler verurteilt Filippo, als er sieht, dass er sein Kreuz anders gestaltet. Er behauptet, Filippo sei dumm, er habe nichts von der Geschichte Jesu am Kreuz verstanden.
So schnell sind wir Menschen bereit, über andere zu urteilen oder sie zu verurteilen. Jesus hat das auch erlebt. Er wurde von Pilatus und den Menschen verurteilt. Plötzlich war er für sie nicht mehr der, der ihr König werden sollte. So hatten sie beim Einzug in Jerusalem am Palmsonntag noch gerufen. Jetzt war er unbequem, jetzt musste weg. Pilatus tat, was er glaubte, dass getan werden muss, damit Ruhe und Ordnung herrscht. Ob Jesus schuldig oder unschuldig ist, das interessierte ihn nicht wirklich.
- Wo urteile ich über andere ohne genau hinzuschauen?
- Wo spiele ich meine Macht, meine Position aus…
- zu meinen eigenen Gunsten ? oder auf Kosten anderer ?
- Wo wurde ich ungerecht behandelt?
Herr, erbarme dich, erbarm dich unser, erbarme dich unserer Zeit!
Besinnung II: Belastet
Alles, was Filippo erlebt, die Ablehnung, das Ausgespottet-werden, das Ausgeschlossen-sein, die Einsamkeit, seine vielen Schwierigkeiten in einer neuen Umgebung – all das belastet ihn.
An Jesus sieht er, dass er nicht allein ist. Jesus trägt sein Kreuz mit. Es ist schwer, es kostet Kraft. Auch für Jesus. Aber er nimmt das Kreuz, trägt es, hält es aus – mit uns und für uns.
• Was belastet mich gerade?
• Wo mache ich mir das Leben unnötig schwer?
• Wo mache ich anderen das Leben unnötig schwer?
• Wo muss ich umdenken und umkehren?
• Wo fühle ich mich schuldig in meinem Leben?
Herr, erbarme dich, erbarm dich unser, erbarme dich unserer Zeit!
Besinnung III: Schadenfreude
Die Mitschüler lachen Filippo aus, als Paul ihn wegen des doppelten Kreuzes bloßstellt.
Jesus weiß, wie das ist: die Soldaten lachen ihn aus, sie treiben ihren Spott mit ihm, setzen ihm eine Dornenkrone auf, spucken ihn an. Auch die vielen Menschen am Straßenrand schauen zu und sind herzlos, sie lachen ihn aus, sie rempeln ihn an und freuen sich an seinem Leid.
• Was lässt mich kalt?
• Wo verletze ich andere?
• Wo lasse ich andere im Stich und enttäusche sie?
• Wo bereite ich anderen Nöte und Probleme?
• Wie gehe ich selbst mit Verletzungen und Enttäuschungen um?
• Was machen Sorgen, Probleme und Nöte mit mir?
• Kann ich Vergebung annehmen?
Herr, erbarme dich, erbarm dich unser, erbarme dich unserer Zeit!
Besinnung IV: Helfen
Der Lehrer greift ein und er hält zu Filippo. Er erkennt, dass Filippo mit dem, was er gemacht hat, weiß was er tut. Filippo ist nicht allein. Er wird unterstützt und erhält Hilfe.
Auch Jesus erlebt, dass ihm auf seinem schweren Weg Menschen Hilfe geben. Drei Menschen auf diesem Kreuzweg zeigen ihm, dass er noch Mensch ist, dass er nicht allein ist, dass noch jemand zu ihm hält. Und das sind Maria, seine Mutter, Veronika, die ihm ein Schweißtuch hinhält und Simon von Cyrene, der anpackt und mitträgt.
• Bin ich bereit zu helfen?
• Sehe ich, wo meine Hilfe gebraucht wird?
• Helfe ich freiwillig?
• Wie gehe ich mit Schwierigkeiten in meinem Leben um?
• Kann ich barmherzig zu mir selbst und zu anderen sein?
• Kann ich fremde Hilfe annehmen?
Herr, erbarme dich, erbarm dich unser, erbarme dich unserer Zeit!
Besinnung V: Leiden
Er ist auch für mich gestorben, sagt Filippo. Filippo spürt etwas vom Leid, das Jesus ertragen hat.
Jesus wird der wenigen Kleider beraubt und vor allen bloßgestellt. Mit schweren Hammerschlägen festgenagelt ans Kreuz, aber auch mit Worten niedergebrüllt.
Am Kreuz hängend wird Jesus verspottet. Diesen Schmerz erlebt Filippo auch in der Schule durch seine Mitschüler – und zuhause. Filippo spürt im Herzen: Ich bin nicht allein – Jesus kennt das alles und Jesus hilft mir.
• Stehe ich mutig zu meinen Überzeugungen, auch wenn es unbequem wird?
• Wie gehe ich mit eigenem Leid um?
• Wie gehe ich mit dem Leid um, das in meiner nächsten Umgebung geschieht?
Herr, erbarme dich, erbarm dich unser, erbarme dich unserer Zeit!
Besinnung VI: Hoffnung
Filippos Platz in der Kasse bleibt leer. Er ist weggezogen. Doch sein Kreuz an der Wand erzählt weiter, was ihm auch Hoffnung gegeben hat. Es ist ein Kreuz, das von Auferstehung erzählt. Filippo weiß: Egal, wo ich bin. Jesus ist bei mir. Er ist auch für mich gestorben und auferstanden
Jesus wird nach seinem Tod vom Kreuz genommen und in ein Felsengrab gelegt. Alle denken, dass damit alles aus und vorbei ist! Und wir? Nein, wir wissen bereits wie es weitergeht. Es bleibt nicht beim schrecklichen Kreuz, das Dunkel des Grabes hält ihn nicht fest. Die Auferstehung bricht ein in diese Welt des Schmerzes und des Dunkels. Gott schenkt Jesus neues Leben.
• Nehme ich Jesus in meinem Leben wirklich ernst?
• Wie gestalte ich mein Glaubensleben und meine Beziehung zu Gott?
• Wo spielt Gott für mich eine Rolle?
• Wo fällt es mir schwer, meinen Glauben zu bekennen?
• Was möchte ich daran ändern?
Herr, erbarme dich, erbarm dich unser, erbarme dich unserer Zeit!
Einführung zum Schrifttext
Schauen wir auf das Leben Jesu, dann erkennen wir, wie sehr er die Menschen geliebt hat, gerade auch die Sünder. Einander zu vergeben, sich gegenseitig zu lieben und diese Liebe zu leben hat er uns aufgetragen. Trotz unseres Bemühens gelingt uns das nicht immer. Hören wir dazu eine Stelle aus dem Evangelium nach Lukas:
Schrifttext
Das Gleichnis vom barmherzigen Vater (Lk 15,11-32)
Jesus erzählte folgendes Gleichnis: Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht! Da teilte der Vater das Vermögen unter sie auf. Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen.
Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er begann Not zu leiden. Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.
Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Brot im Überfluss, ich aber komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner!
Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von Weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
Da sagte der Sohn zu ihm: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein. Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt einen Ring an seine Hand und gebt ihm Sandalen an die Füße! Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn dieser, mein Sohn, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein Fest zu feiern.
Lied: Ja, ich will wieder heim…
3. Schuldbekenntnis und Vergebungsbitte
Bis zuletzt steht Jesus dafür ein, wozu ihn der Vater gesandt hat. Enttäuschung und Kurzsichtigkeit, Unverstand und Dummheit, Verbortheit und Hass bringen ihn ans Kreuz. Seine Antwort ist Vergebung und Erlösung. Auch für uns. Wir haben über uns und unser Leben nachgedacht. Manches, was wir getan oder nicht getan haben, bedauern wir und bereuen es.
Manches wollen wir wieder geraderücken, es in Ordnung bringen. Manches können wir nicht ändern, selbst wenn wir uns darum bemühen. Vielleicht fehlt uns der Mut oder die Kraft. Vielleicht ist es zu schwer für uns allein. Bitten wir Gott jetzt um sein Erbarmen, seine Nähe und seine Vergebung:
Gott unser Vater, wir haben nicht so gelebt, wie wir sollten oder könnten. Wir haben Mitmenschen, unsere Nächsten, übersehen, waren ihnen gegenüber hart, unaufmerksam, unbarmherzig, verschlossen und gleichgültig.
So bekennen wir vor dir und vor einander:
Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen…
Vergebungsbitte
So beten wir für uns selbst und füreinander: Gott sei uns gnädig, er verzeihe uns unsere Sünden und unsere Schuld, er stärke uns im Guten, mehre unser Vertrauen und erwecke in uns immer wieder die Liebe und die Achtung, den Respekt voreinander und die Liebe zu ihm, unserem Schöpfer und unserem guten Vater.
Amen.
Nachlass, Vergebung und Verzeihung all unserer Sünden schenke uns und allen aus unseren Pfarren der allmächtige Gott, der + Vater,…
Friedensgruß
Wer selbst Vergebung erfährt, kann auch anderen vergeben. Wer mit Gott im Frieden ist, strahlt auch Frieden aus. So lasst uns miteinander jenen Frieden teilen, der das Vermächtnis Jesu Christi an seine Jünger ist. Der Friede des Herrn sei allezeit mit euch!
Dankbar und voll Vertrauen beten wir nun mit den Worten Jesu:
Vater unser …
Danklied: „Nun saget Dank und lobt den Herren“ GL 385
5. Abschluss
Der Herr, erfülle uns mit seiner Kraft, auf dass wir in Gelassenheit ertragen, was er uns zumutet und auferlegt.
Er erfülle uns mit seiner Liebe, dass wir sie an die weitergeben, die sich danach sehnen.
Er erfülle uns mit seiner Güte, dass wir denen Hilfe bringen, die Not leiden.
Er erfülle uns mit seiner Barmherzigkeit, dass wir sie an denen üben, die verfolgt und rechtlos sind.
Er erfülle uns mit seinem Segen, dass wir selbst zum Segen werden.
Er schenke uns seine Gnade, dass wir ihm und den Menschen aufrichtig dienen.
Er schenke uns seine Nähe, damit wir auf seinem Weg bleiben.
Mit seinem Segen begleite uns Gott, der + Vater, der + Sohn und der Heilige + Geist.
Amen.
Gehen wir in seinem Frieden!
Dank sei Gott, dem Herrn.