8. Dezember 2018: Brücken bauen vom Gestern zum Morgen
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen. Das sind Worte der heutigen 2. Lesung. Dieser Segen galt der Gemeinde in Ephesus, er gilt auch hier und heute für uns. Denn wir danken für 130 Jahre Wirken der Salvatorianerinnen weltweit und davon schon 119 Jahre in Österreich.
Archive beherbergen Fakten und Jahreszahlen, aber das göttliche und menschliche Drumherum müssen wir uns selbst immer wieder zusprechen lassen und gegenwärtig setzen. Wir kennen den Berufungsweg von Pater Franziskus Jordan, der besonders in diesem Jubiläumsjahr im Mittelpunkt stand. Aber, es geht immer wieder um das ‚Erkennen‘, was bedeutet, Vorbilder in das heutige Leben zu bringen.
Pater Jordan nannte es schon als 18-Jähriger einen ungemeinen starken Drang die ganze Menschheit retten zu helfen und den Drang ein heiliges Leben zu führen. Das Ergebnis war nach und nach die Gründung der salvatorianischen Gemeinschaften im Wandel und den Anforderungen der Zeichen der Zeit. Wir wissen, dass Pater Jordan ursprünglich keine traditionelle Ordensgemeinschaft gründen wollte. Die Apostolische Lehrgesellschaft war eine Art Dachverband mit eigenständigen Gruppen für Priester, Akademiker, Journalisten, Familien und Kinder. Frauen hatten der Zeit entsprechend eine bedeutende Rolle. Pater Jordan begann 1881 mit Laien in Italien, dann folgte er den Anweisungen der Amtskirche und musste seine Gründung in einer klaren Ordensstruktur regeln. Seit dem II. Vatikanischen Konzil haben wir wieder die Möglichkeit, die Ursprungsidee mit Laienmitgliedern umzusetzen. So feiern die österreichischen Laiengemeinschaften ihr 30-jähriges Bestehen. Wir gratulieren - und sind ihrem Berufungsweg und der Entwicklung der Gemeinschaften verbunden.
Wir kennen auch den tapferen Berufungsweg der Seligen Maria von den Aposteln und die Gründung der Schwesterngemeinschaft vor 130 Jahren. Schon zwei Jahre danach wurden Schwestern mit Patres und Brüdern nach Assam in Indien gesandt. Dort gab es ein Matriarchat, eine Sozialordnung die vorherrschend vom Frauen- und Mütterrecht geprägt war, und nur gemeinsam mit den Schwestern konnten die Salvatorianer in die Familien kommen.
Mutig und clever, als Antwort auf die Gegebenheiten der Zeit. So war Mutter Maria, als Säule der Schwesterngründung. Dem Gründer treu, hat sie sich nie in den Vordergrund gedrängt. Manche von ihnen waren vor 50 Jahren bei ihrer Seligsprechung im Petersdom und hörten die Worte von Papst Paul VI.: „Es ist ein Zweifaches, das wir in der Berufung und in dem Leben der neuen Seligen bewundern: Apostolat und Mission. Sie setzte das Apostolat zum Ziel ihres Lebens. Apostolat ist auch der Ausdruck ihres Strebens nach einem tapferen Leben nach dem Evangelium in missionarischem Einsatz, eine Haltung, die heute so modern ist“. Mutter Maria ermöglichte diesen missionarischen Einsatz ihren Schwestern:
1893 reisten die Salvatorianerinnen nach Ecuador
1895 in die USA und in die Schweiz
1896 erreichten sie British Burma und 1899 kam sie in Budapest und Wien an.
Die Kaiserstadt war ein Schlüsselort und das Tor für die ganze Habsburger-Monarchie. Ursprünglich hatte Pater Jordan überlegt in Wien zu gründen. P. Provinzial Albertus Hauser knüpfte die Kontakte für die Schwestern, und Mutter Maria war persönlich in Kaisermühlen und in der Feldgasse, um die Niederlassungen vorzubereiten.
Was sind 130 Jahre Ordensgeschichte, was bedeuten 119 Jahre Wirken der Salvatorianerinnen in Österreich? Die früheren Chroniken nennen jeden einzelnen Namen, jede Anstrengung und Entbehrung. Die Patres, Brüder und Schwestern, die diese Gründungszeiten durch getragen haben, waren ebenso von diesem Drang erfüllt, der Pater Jordan angetrieben hatte.
So setzten sich die ersten Salvatorianer trotz antiklerikaler Anfeindung in Wien durch.
So konnten die Schwestern den Dienst im Frauenspital in der Feldgasse übernehmen, was für damalige Zeiten und gängigem Kirchenrecht ungewöhnlich war. 1904 eröffneten sie das Tagesheim in Kaisermühlen und holten die Kinder der Tagelöhner von der Straße in ihre eigenen Räume.
1930 ergab sich die Möglichkeit das Sanatorium Hacking hier zu kaufen und das St. Josef Krankenhaus zu eröffnen. Ein eigenes Krankenhaus sicherte den Salvatorianerinnen das universelle Kongregationsziel, um nicht nur auf Erziehung und Unterricht reduziert zu werden. Dr. Heribert Prinz[1], ein früherer Salvatorianer, war damals Pfarrer in Ober St. Veit und freute sich, die Schwestern in seiner Pfarre begrüßen zu können.
Die Eröffnung der Salvatorschule in Kaisermühlen erfolgte erst 1934 in der Zeit des Nationalsozialismus, um Kinder und Jugendliche gegen diese Ideologie zu schützen.
Beeindruckend ist für mich, dass unsere Schwestern in der Gründungszeit geschätzte Mitglieder des Krankenpflegevereins im ‚roten Wien‘ waren. Wieso? Nun, sie waren Ordensfrauen, die in die Familien gingen und auch zu Nichtkatholiken. Das war nicht selbstverständlich. Noch in meiner Dienstzeit in der Salvatorschule war es nicht gern gesehen, Nicht-Christen aufzunehmen. Ich bekam einen Verweis und argumentierte im Katholischen Schulamt immer damit, dass unser Gründer uns aufgetragen hat, niemanden auszuschließen. Na dann, hieß es, Restplätze können sie anbieten.
Alle einschließen – ein salvatorianisches Ur-Wort. Alle – immer – überall – mit allen Mitteln, die die Liebe Christi eingibt. Da ist heute unserer Kreativität und Großmütigkeit keine Grenze gesetzt. Und ich sehe sie in vielfältiger Weise verwirklicht.
Nur einige Beispiele:
Hier – ein Multi-Kulti Krankenhaus, das seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gewissenhaft in den Gründungsauftrag einschult und einbindet. Das Frauenhaus und die Initativen in Wien und Budapest. Die Plattform gegen Zwangsprostitution in Linz. Die vielfältige Missionsarbeit und historische Forschung in St. Michael.
Im Oktober war ich in Pitten bei den Schwestern und habe vom Pater Jordan Jubiläumsjahr erzählt. Das Interesse der Schwestern ist eindrucksvoll. Es wurzelt in der frohen und tapferen Annahme ihres Lebens und sie wissen um die Kraft des Gebetes. So wird auch in Mistelbach fürsorglich für pflegebedürftige Patres gesorgt. Der Einsatz in Rumänien mit der Caritas gilt den Ärmsten. Der Dienst am Praterstern für Randgruppen und Obdachlose. – Sie finden sicher noch viele andere Beispiele in ihrer eigenen Umgebung.
Kehren wir also ‚zur ersten Liebe‘ zurück und nützen wir kraftvoll jede Gelegenheit, um auf der Kanzel der Welt zu verkündigen, wie es Pater Lüthen ausdrückt. Dazu braucht es Mut und Feuer. Das Thema des Generalkapitels der Salvatorianer anlässlich des Jubiläumsjahres war ‚Geht, entflammt alle‘.
Was trägt uns im Alltag durch? Pater Jordan hat es uns vorgelebt. ‚Dort im Gebet sollen sie das Feuer holen‘. Erst vor einer Woche ist unser Generalkapitel zu Ende gegangen. Es war eindrucksvoll und stand unter dem Motto ‚Salvatorianische Frauen bauen Brücken der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit mit Menschen in aller Welt‘. Zwei Generalkapitel, deren Inhalte uns für die nächsten sechs Jahre zur Umsetzung aufgetragen sind. So möchte ich mit dem 3-fachen Alleluja der Seligen Maria von den Aposteln schließen:
Das erste Alleluja bezieht sich auf die Vergangenheit: Wir sollen Gott danken für die zahllosen Wohltaten, die er uns stets erwiesen hat. Aber auch für alle Fehler, die wir begangen, für alle Leiden und Widerwärtigkeiten, die uns begegnet sind, können wir ein dankbares „Alleluja“ anstimmen. Denn wir sind durch diese in der Erkenntnis unserer selbst vorangekommen. Dieser Rückblick auf die Vergangenheit soll uns mit neuem Mut, mit neuem Eifer erfüllen.
Ein zweites Alleluja gilt der Gegenwart. Im Hinhören ist es uns möglich, stets den Willen Gottes zu erkennen und danach zu handeln.
Ein drittes Alleluja betrifft die Zukunft. Suchen wir uns immer mehr zu vervollkommnen und streben wir stets nach dem Höchsten, [..] dann werden wir immer tüchtiger und brauchbarer, und so würdige Mitglieder der Gesellschaft des Göttlichen Heilandes. Kein Arbeitsfeld, kein Land wird es geben, welches unseren Wünschen nicht entspricht, weil die Nachfolger des Heilandes nichts anderes wollen, als seinen Heiligen Willen zu tun.
Und in zeitgemäßer Ausdrucksweise, wie es die Superiorenkonferenz formuliert, werden wir uns der Zukunft widmen: wach, einfach und gemeinsam.
Text: Sr. Ulrike Musick SDS
[1] P. Dr. Heribert Prinz, geb. 10.6.1865, Profess 4.10.1891, Priesterweihe 25.8.1895, Austritt 15.3.1897. Brief M. Petronilla Lippert an Ehrw. Mutter (Liboria Hansknecht), Wien 11.10.1930 [nach Kauf des St. Joseph Krankenhauses] „Dr. Prinz (Ex-Salvatorianer), unser Pfarrer [Ober St. Veit] freut sich, dass die Salvatorianerinnen in seiner Pfarre sind.
11.4.1930 Kauf Sanatorium Hacking
Bedingungen: Kardinal Piffl muss zustimmen, Art. 280 muss erfüllt sein, Sanatorium soll Bürgerhospital werden. (Kons.buch Rom ASDS Schrank F, S. 71).