
Wenn Gott uns heimführt, das wird ein Fest sein
Wenn Gott uns heimführt aus den Tagen der Wanderschaft,
uns heimbringt aus der Dämmerung in sein beglückendes Licht,
das wird ein Fest sein!
Da wird unser Staunen von neuem beginnen.
Wir werden Lieder singen, Lieder, die Welt und Geschichte umfassen.
Wir werden singen, tanzen und fröhlich sein:
Denn er führt uns heim: aus dem Hasten in den Frieden aus der Armut in die Fülle.
(…)
Wenn Gott uns heimführt, das wird ein Fest sein.
Wir werden einander umarmen und zärtlich sein.
Den Verirrten werden die Binden von den Augen genommen.
Sie werden sehen.
Die Suchenden finden endlich ihr Du.
Niemand quält sich mehr mit der Frage „Warum?“.
Wenn Gott uns heimführt, das wird ein Fest sein. (…)
Ein Fest ohne Ende.
Liebe Festgemeinde,
diese Nachdichtung vom Psalm 126 des steirischen Priester-Dichters, Martin Gutl, ist mir bei der klaren Vorbereitung P. Hermanns auf sein nahes Ende sehr präsent geworden. Ich habe sie auch an seinem Sterbebett gebetet. Es fasst zusammen und bringt auf den Punkt, wofür P. Hermann leidenschaftlich gelebt und gewirkt hat und wo-rauf er seine ganze Hoffnung gesetzt hat.
P. Hermann ist uns gerade auch in dieser Auferstehungsfeier als liebender Mensch und als begeisterter und begeisternder Seelsorger auf Augenhöhe ganz nahe. Jede und jeder hier, hat ihre/seine Erfahrungen mit ihm und kann davon dankbar erzählen. Wunderbare Zeugnisse der Wertschätzung und Dankbarkeit haben viele Menschen durch die sozialen Medien geteilt und auch uns persönlich mitgeteilt. Bischofsvikar Stephan Turnovszky hat uns in seinem Grußwort der persönlichen Anteilnahme und der großen Dankbarkeit der Erzdiözese Wien geschrieben, das im Pfarrbrief abgedruckt wird: Er war nicht nur ein fleißiger Seelsorger, sondern einer, der Gott und die Menschen erkennbar liebte.
Ja, mit Freude sprach er von den pubertierenden Mädchen als „Kichererbsen“ und seinen zölibatären Kindern, wie er Anna und Beate nannte, die im Pfarrhof in Braunau St. Franziskus aufwuchsen und Hermann so positiv als Vaterfigur erlebten. Das zeigte sich in der kritischen Auseinandersetzung mit der Asyl-Politik, im Dialog und in der Weite mit den anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften (wie hat er sich doch über die Einladung zur Feier am Ende des Ramadans durch den Imam gefreut). Ebenso mit der bildenden Kunst (denken wir nur an die freundschaftliche Beziehung zum kürzlich verstorbenen Hermann Nitsch und dem MUMUZ) und der Musik (er war ein großer Opernfan).
Es ging ihm nie um ihn, um seine Person, schon gar nicht um Titel und Würden. Er hatte keine Standesdünkel und keine Berührungsängste. In Wien ging er z.B. bis zum Schluss gern zum nächsten Würstelstand. Da sagte er voll Freude: Dös san meine Freind.
P. Hermann hat sich vielmehr prägen lassen vom synodalen Wirken des Hl. Geistes im II. Vatikanischen Konzil, von der Kirche als Volk Gottes gemeinsam unterwegs, in der alle Getauften ihre Berufung und Sendung haben.
P. Hermann hat sich aus- und aufgerichtet an der Frohen Botschaft Jesu, von der er im tiefsten Herzen angerührt, erfüllt und überzeugt war: Gott hat uns zur Hoffnung, zur Freude und zur Liebe geschaffen.
Fest und Feier zieht sich auch wie ein roter Faden durch sein priesterliches Wirken. Den Grund hat er ja in seinem Geistlichen Testament fest gemacht. P. Hermann waren die Pfarrfeste, der Pfarrfasching und die Feiern der Erstkommunion, der Firmung, der Taufen und Hoch-zeiten und Jubiläen sehr wichtig. Er hat ja auch fast jeden Spaß mit-gemacht (wenn ich nur an das Färben seiner Haare durch die Kinder im Fasching denke) und er konnte von Herzen lachen und sich tief freuen. So sagte er mir an einem der letzten Tage in St. Michael: Ich habe gerade den Brief von meiner Schwester gelesen – ich kunt nur wuana (Ich könnte nur weinen).
P. Hermann war ein humorvoller Mensch. „Humor ist das Einzige, was man im Leben ernst nehmen muss; alles andere muss man mit Humor annehmen“ habe ich kürzlich gelesen. Ich denke, er hat das zu leben versucht.
Mir wurde neu lebendig, das P. Herman in seinem Studium in den 70iger Jahren (im vorigen Jahrhundert) das Buch vom Nordamerikanischen Baptistischen Geistlichen und Theologieprofessor an der Harvard University, Harvey Cox, ‚Das Fest der Narren‘ entdeckt und begeistert inhaliert hat. Cox arbeitete über die Ökumenische Theologie, die Befreiungstheologie, die Rolle des Christentums in Lateinamerika und über Gott und den Glauben in der modernen säkularen Gesellschaft.
Cox erinnert in seinem Buch an eine lange verschüttete Quelle christlicher Tradition und entwickelte aus dem mittelalterlichen „Fest der Narren“ ein beeindruckendes Dokument der Lebensfreude.
Seine unorthodoxe Interpretation des Jesus von Nazareth als Narr, Clown, eröffnete ihm neue Zugänge und setzte seine Fantasie in Gang, einen hoffnungsfrohen Glauben zu leben und zu verkündigen.
Es gibt keine Kultur ohne Feste, das Fest durchbricht die Alltags-Routine. Im Fest begegnen wir dem Höheren, Himmel und Erde berühren sich.
Seinen tiefsten Grund erfährt der festliche Mensch aber erst in der Hoffnung, dass „das Gelächter der Hoffnung letzte Waffe ist“, das heißt, Gier, Hass, Verzweiflung durchbrechen kann durch seine Ausrichtung auf den Gott der Liebe.
Das Geschenk des Gottvertrauens hat ihn zutiefst dankbar gemacht und damit konnte er andere anstecken, bzw. dazu authentisch er-mutigen. Auch jetzt besonders in diesem Gottesdienst, wenn er in seinem Abschiedsbrief schreibt:
„Ich bin am Ziel, geborgen in der unendlichen Liebe, die mich nichts und niemand mehr entreißen kann. Dafür hat es sich gelohnt zu leben, und dafür hat es sich gelohnt oft hart zu lernen und dafür hat es sich gelohnt zu sterben.“
Lieber P. Hermann, ich bin sehr dankbar, ja stolz auf dein Lebens- und Glaubenszeugnis als Mitbruder und Salvatorianer. Da schien und scheint so viel von der Menschenfreundlichkeit und Liebe Gottes durch. Du hast auf deine frische Weise das, was unser Gründer, der selige Franziskus Jordan, mit seiner Gründung wollte, umgesetzt bzw. weitergeführt:
- die Frohe Botschaft mit allen Mitteln, die die Liebe Christi eingibt, zu verkünden.
- Laien/ Getaufte zu befähigen, in der Kirche Verantwortung zu übernehmen
- und sich mit den Armen, Ausgegrenzten zu solidarisieren.
„Was bleibt, stiften die Liebenden“ so lautet der Buchtitel des evangelischen Theologen Jörg Zink. Alles, was du, P. Hermann, mit deinen Mitbrüdern und Mitarbeiter*innen hier in den 25 Jahren Mistelbach, in den 14 Jahren Braunau-St. Franziskus, in den 5 Jahren Kaisermühlen, bei uns Salvatorianern Jahrzehnte lang in der Leitung an Liebe gesät hast, das wird weiter fruchtbar werden, bzw. bleiben.
Das ist ein kostbarer Schatz und ein wirklicher Trost, ja Freude! Ein aufrichtiges Vergelt's Gott dafür!
Und was wir immer wieder auf deiner Mailbox hörten, das sage ich dir jetzt in meinem und unser allen Namen zu: Pfiat Gott dann…
Ja, lieber Hermann, Gott behüte dich und vollende in dir, was er in der Taufe, in der Profess, in der Weihe mit dir begonnen hat. Hermann, nimm teil an der Freude und am Fest deines und unseres Herrn!
Du schließt dein Geistliches Testament mit den Worten:
„Denkt daran: Ich kann euch nun näher sein als jemals im Leben – und es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann wir uns wiedersehen. Ich freue mich drauf."
An uns ist es jetzt zu antworten:
Amen – Ja, so ist es,
Amen - so möge es sein und
Amen - so wird es sein.
Halleluja!
Provinzial P. Josef Wonisch,
14. Juni 2022