Sexkauf: Ein Tabu-Thema unserer Zeit
Am 18. Oktober 2024 fand die 11. Veranstaltung der Initiative "Aktiv gegen Menschenhandel - aktiv für Menschenwürde" statt. In den Räumlichkeiten des Mitveranstalters, der Katholischen Privatuniversität Linz, konnte Sr. Maria Schlackl, Salvatorianerin und Initiatorin von „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde“, am „Europäischen Tag gegen Menschenhandel“ rund 160 Gäste, darunter Vertreter:innen aus Politik, Religion und Medien, begrüßen.
Die Teilnehmer:innen der 11. Veranstaltung der Initiative "Aktiv gegen Menschenhandel - aktiv für Menschenwürde". 2.v.l.: Sr. Maria Schlackl SDS. (c) Martin Maria Eder
Noch immer sind Millionen von Menschen weltweit Opfer von Menschenhandel. Um auf diese grausame Realität aufmerksam zu machen und ein Zeichen gegen diese moderne Form der Sklaverei zu setzen, lautete das Motto des Abends: „Sexkauf fördert Frauenhandel“.
Rund 160 Gäste, darunter Vertreter:innen aus Politik, Religion und Medien, waren zur Veranstaltung gekommen. (c) Martin Maria Eder
Sr. Maria Schlackl: „Menschenhandel ist ein Verbrechen - wir dürfen nicht wegschauen“
Die Salvatorianerin kam gleich in ihrem Begrüßungsstatement auf die zerstörerischen Auswirkungen des Sexkaufs auf die Würde von Frauen zu sprechen: Menschenhandel, insbesondere der Frauen- und Mädchenhandel zum Zweck des sexuellen Missbrauchs und der Ausbeutung, ist eine der tiefsten Wunden unserer Zeit. Diese Problematik ist global und lokal präsent, sowohl in der Geschichte als auch in der Gegenwart. Der Kauf von Sex fördert den Frauenhandel, während die stummen Schreie der Betroffenen ungehört verhallen. Täter und Profiteure können oft unbehelligt agieren.
Schlackl legte mit ihren Fragen den Finger auf die Wunden: Ist unsere Gesetzgebung täterfreundlich? Warum gibt es trotz legalisierter Prostitutionsgesetze Frauen, die vor Angst im Untergrund leben müssen? Ist Frauenhandel mit Menschenwürde vereinbar? Und braucht unsere Gesellschaft wirklich Bordelle? In einer übersexualisierten Gesellschaft drohen Intimität und Liebe, auf der Strecke zu bleiben. Diese Fragen müssen von der rechtlichen auf die menschenrechtliche Ebene gehoben werden, um ein Umdenken und einen Aufbruch aus diesem kriminellen Geschäftsfeld zu ermöglichen.
Bewusstseinsbildung und Prävention sind Schlüsselaspekte
Die SOLWODI-Initiative – Aktiv gegen Menschenhandel, aktiv für Menschenwürde – hat in den ersten zehn Jahren seit ihrer Gründung Aufklärungsarbeit geleistet. Seit 2012 gibt es in Wien ein Schutzhaus und eine Beratungsstelle für Frauen. Bewusstseinsbildung und Prävention sind Schlüsselaspekte der Arbeit von SOLWODI. Es ist wichtig, das Leid, das durch Menschenhandel verursacht wird, ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. Nur so können Initiativen in der Politik und Zivilgesellschaft erwachen und aktiv werden. Dies geschieht durch Vorträge in Vereinen, Clubs und Pfarren sowie Workshops an Schulen.
Landtagsabgeordnete Gertraud Scheiblberger im Gespräch mit Moderator Peter Wesely. (c) Martin Maria Eder
Jedes Jahr gab es Veranstaltungen zu unterschiedlichen Schwerpunkten, und die Zusammenarbeit mit Kunst und Wissenschaft sowie mit engagierten Personen und Gruppen wird als besonders wertvoll angesehen. Die SOLWODI-Initiative Linz feierte zehn Jahre Engagement für Menschenwürde. „Ein Kind mit 10 Jahren ist in der Regel aufgeweckt – entdeckt, fragt, provoziert, freut sich am Leben und will wachsen und die Umgebung herausfordern – ja das wollen wir auch!“, betonte Sr. Maria Schlackl. Und sie sprach Dankesworte für jene, die sich Zeit nehmen, sich mit dem Thema Menschenwürde auseinanderzusetzen. „Wer weiß, welche Inspiration Sie heute davontragen werden“, so das Fazit der Salvatorianerin.
Plakatserie und Ausstellung machten auf die Problematik aufmerksam
In den letzten Wochen war in Linz eine auffällige Plakatserie präsent, die unter der Headline „Sexkauf tötet Frauenwürde“ sowohl auf das Thema als auch auf die bevorstehende Veranstaltung hinwies. Gestaltet wurde das Plakat von der in Wien ansässigen Künstlerin Vivien Kabar, die sich seit langer Zeit in ihrer kunstvollen Arbeit dem Kampf gegen Gewalt an Frauen und Kindern widmet. Schon früh begann sie, Kinder und Jugendliche in ihren Werken darzustellen. Der Titel des Plakatgemäldes „Bondage“ fasste ihre Intention prägnant zusammen: „Das Bild soll das Gefühl des geistigen Eingesperrtseins darstellen – die Erfahrung, wenn man sich durch äußere manipulative Handlungen nicht wehren kann, wenn man in seinem eigenen Geist gefangen ist.“
Ilaria Hoppe (l) und Vivian Kabar (m) im Gespräch mit Peter Wesely. (c) Martin Maria Eder
Begleitet wurde die Plakatserie von einer Ausstellung unter der Leitung von Ilaria Hoppe vom Institut für Kunst in gegenwärtigen Kontexten und Medien an der Universität Linz. Mit einer Gruppe Studierender setzte sie sich im vergangenen Semester intensiv mit verschiedenen Aspekten von Menschenhandel, Sklaverei und deren künstlerischen Darstellung auseinander. „Einerseits wollten wir die Opfer nicht unnötig in den Vordergrund rücken“, erläuterte Hoppe den kreativen Schaffensprozess. „Andererseits betrifft dieses Problem uns alle, da es direkt vor unserer Tür geschieht. Wir können es nicht ignorieren oder so tun, als wäre es weit entfernt. Diese Erkenntnis haben wir auch im Seminar vertieft.“
Angelika Schwarz, Yvonne Brokop und Lisa Krumbiegel waren zum Großteil die Kreativen der Ausstellung. (c) Martin Maria Eder
Sandra Norak: „Legalisierung führt zu Normalisierung“
Hauptrednerin des Abends war die engagierte Aktivistin und Juristin Sandra Norak. Sie sprach aus eigener Erfahrung: Für einen Zeitraum von sechs Jahren war Norak selbst in der Prostitution tätig. Heute setzt sich die Aktivistin mit Nachdruck dafür ein, dass sowohl in Deutschland als auch in Österreich das nordische Modell zur Regulierung der Prostitution eingeführt wird. Bei diesem Ansatz wird der Erwerb von sexuellen Diensten strafrechtlich verfolgt, während die Ausübung der Prostitution legalisiert bleibt, um den Betroffenen den Zugang zu Unterstützung und Ressourcen zu erleichtern.
Die engagierte Aktivistin und Juristin Sandra Norak war selbst sechs Jahren lang in der Prostitution tätig. Heute setzt sie sich in Vorträgen gegen die anhaltende Verharmlosung dieses ernsten Themas ein. (c) Martin Maria Eder
Darüber hinaus werden Unterstützungsangebote für den Ausstieg aus der Prostitution bereitgestellt und die Öffentlichkeit wird detailliert über die Schattenseiten und Risiken der Prostitution informiert und sensibilisiert. Norak: "Legalisierung führt zu einer Normalisierung und das begünstigt letztlich auch die Ausbeutung von Frauen."