Ein Hoffnungsträger in den Elendsvierteln von Caracas
Es waren Schilderungen, die emotional tief berührten und gleichzeitig Erstaunen auslösten. Dass in einem Land, das über die umfangreichsten Vorkommen an Erdöl weltweit verfügt, derartig großes Elend möglich ist, solch eine tiefe Armut herrschen kann, erscheint auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar. In einem Pressegespräch am 7. Mai 2024 im Kolleg St. Michael der Salvatorianer im 1. Wiener Gemeindebezirk erzählte der Salvatorianer P. Luis Domingo Diaz, wie es so weit kommen konnte, und bot einen herzzerreißenden Überblick über den täglichen Überlebenskampf in Caracas.
Ein Blick auf Catia. (c) Salvatorianer/P. Luis Domingo Diaz SDS
Armenhaus trotz Ölreichtums
Trotz seines Reichtums an Erdöl leidet Venezuela unter einem gravierenden Problem, wie der Ordensmann berichtet: Ungefähr 70 Prozent aller Konsumgüter müssen eingeführt werden. Zusätzlich verschärfen Fehlentwicklungen wie die Zentralisierung und Verstaatlichung der Industrie, eine starke Militarisierung, weitverbreitete Korruption und zweifelhafte Geschenke an verbündete Länder die Lage. Diese Missstände haben über die Jahre hinweg eine schwere Krise in wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht herbeigeführt, welche die soziale Ungleichheit zwischen den Überreichen und den Ärmsten der Gesellschaft signifikant vergrößert hat. Für den Großteil der Einwohner ist das alltägliche Überleben mittlerweile unerschwinglich geworden, zusätzlich verschlimmert durch eine extreme Hyperinflation in den letzten Jahren, mit Inflationsraten, die stellenweise 600 Prozent erreichten.
Hungersnot führte zu Auswanderungswelle
Ein direktes Ergebnis der ökonomischen Krise war eine extrem hohe Auswanderungswelle, wobei Schätzungen zufolge in den vergangenen fünf Jahren rund acht Millionen Menschen Venezuela den Rücken kehrten. P. Diaz berichtete von Eltern, die ins Ausland gingen und ihre Kinder traumatisiert bei den Großeltern oder alleine zurückließen. Dazu kommen eine anhaltende Hungersnot, unzureichende Gesundheitsversorgung, psychische Leiden und Depressionen bei Jungen und Alten, die immer öfter in Suiziden münden, sowie eine alarmierend hohe Kriminalitätsrate.
Zuhause in den Elendsvierteln von Caracas
Inmitten dieser hoffnungslosen Lage wirken P. Luis Domingo Diaz und neun weitere Salvatorianer als Hoffnungsträger für die vielen Menschen, die in den gefährlichen und dicht besiedelten Gemeinden von Caracas und anderen Städten leben. Das Gesundheitszentrum Padre Jordan in Catia ist ein Beispiel für die Bemühungen, auf das Versagen des öffentlichen Gesundheitssystems zu reagieren und den Bedürftigsten Unterstützung zu bieten. „Mit Hilfe von Salvatorianer-Büros in aller Welt und internationalen NGOs können dort monatlich rund 2.500 Menschen medizinisch versorgt werden“, unterstrich P. Diaz die Notwendigkeit dieser Einrichtung.
Das Seniorenheim „La Esperanza“ kümmert sich um Senioren mit physischen und/oder psychischen Problemen. (c) Salvatorianer/P. Luis Domingo Diaz SDS
Initiativen für Bildung und Ernährung
Die Sozialeinrichtungen für Kinder, Jugendliche und Senior:innen tragen ebenfalls dazu bei, hilflose und vergessene Menschen zu schützen und zu pflegen. In den Ordensschulen ermöglichen P. Diaz und seine Mitbrüder mehr als 1.500 Kindern und Jugendlichen regelmäßig Unterricht und schaffen Arbeitsplätze mit fairen Gehältern. „Eine durchschnittliche 4-köpfige Familie erhält weniger als 100 Euro pro Monat. Um sich gut zu ernähren, muss sie mindestens 500 Euro allein für Lebensmittel ausgeben“, schilderte P. Diaz eines der größten Probleme in Venezuela.
Ein Leben für die Armen
P. Luis Domingo Diaz SDS wurde 1983 im Bundesstaat Monagas geboren, in einer kleinen Stadt im Osten des Landes. Dort lernte er die Salvatorianer kennen, die seit mehr als 40 Jahren eine Pfarre leiteten. 2008 ging P. Luis nach Caracas, um dort Theologie und Pädagogik zu studieren. Nach seiner Priesterweihe wurde er gebeten, die sozialen Werke der Salvatorianer zu koordinieren, die unter anderem Kinderheime, die Krankenstation und Schulen umfassen.
Das Gesundheitszentrum „Centro de Salud Padre Jordan“ stellt im Armenviertel Catia die einzige medizinische Versorgungsmöglichkeit dar. (c) Salvatorianer/P. Luis Domingo Diaz SDS
Die Sozialwerke in Caracas
Mit der Gründung von „Tejiendo Redes“, dem heutigen Projektbüro der Salvatorianer in Venezuela mit der deutschen Bezeichnung „Netzwerke knüpfen“, holte P. Luis Diaz SDS 2018 ein Team von Fachleuten ins Boot, um gemeinsam die sozialen Aktivitäten des Ordens zu koordinieren. Heute arbeiten rund 300 Menschen in den Sozialwerken der Salvatorianer in Venezuela. Über die einzelnen Einrichtungen werden rund 6.000 Menschen erreicht und betreut, und zwar:
- TE ACEPTÒ: Die Salvatorianer unterhalten vier Bildungseinrichtungen in Caracas; das lnklusions- und Integrationsprojekt „TE ACEPTO" unterstützt Kinder und Jugendliche mit Behinderungen durch Ernährungshilfen und Zugang zu Sport- und Gesundheitsprogrammen.
- Die Kinderheime „El Encuentro“ und „El Timon“ nehmen Kinder und Jugendliche auf, die Opfer von Gewalt und/oder Vernachlässigung geworden sind.
- Das Gesundheitszentrum „Centro de Salud Padre Jordan“ stellt im Armenviertel Catia die einzige medizinische Versorgungsmöglichkeit dar.
- Das Altenheim „La Esperanza“ kümmert sich um Senioren mit physischen und/oder psychischen Problemen.
Die Salvatorianer unterhalten vier Bildungseinrichtungen in Caracas; das lnklusions- und Integrationsprojekt „TE ACEPTO" unterstützt Kinder und Jugendliche mit Behinderungen durch Ernährungshilfen und Zugang zu Sport- und Gesundheitsprogrammen. (c) Salvatorianer/P. Luis Domingo Diaz SDS
Hilfe, die Gutes bewirkt
„Wir können vielleicht nicht die Realität aller Venezolaner:innen ändern, aber wir bleiben den Menschen in unserem Umfeld verpflichtet und unterstützen sie nach Kräften“, versicherte P. Diaz am Ende des Gesprächs. Dass diese Hilfe auch Früchte trägt, unterstrich er mit mehreren Beispielen, unter anderem diesem:
Anderson kam mit neun Jahren in ein Heim der Salvatorianer und konnte mit Hilfe von Psychologen und Pädagogen die Probleme seiner schwierigen Kindheit erfolgreich überwinden. Mittlerweile arbeitet er als Ausbildungsberater, steht kurz vor dem Abschluss seines Psychologiestudiums, lebt selbstständig und engagiert sich selbst für soziale Projekte.
Abschließend bedankte sich P. Diaz bei allen, die mit ihren Spenden die Sozialwerke der Salvatorianer in Venezuela ermöglichen, und ersuchte auch weiterhin um Unterstützung.
- Spendenkonto: ,,Salvatorianer weltweit" IBAN: AT36 6000 0000 0231 9452
- Verwendungszweck: Venezuela
Die Spenden sind steuerlich absetzbar.
Ansprechpartner:
Lukas Korosec
Missionsprokurator der Salvatorianer
Mob: +43 676/533 46 80
E-Mail: mission@salvatorianer.at
Robert Sonnleitner
Pressereferent der Salvatorianer
Mob: +43 664 210 32 69
E-Mail: presse@salvatorianer.at