
Wir Salvatorianer trauern um unseren lieben Mitbruder P. Andreas Mohr SDS
P. Andreas war 35 Jahre lang leidenschaftlicher und begeisternder Missionar in Taiwan, drei Jahre lang in Temeswar (Rumänien) tätig und zuletzt Seelsorger für die chinesische Gemeinde von 2005 bis 2014 in Wien.
Er wird am Montag, 30. November 2020 beerdigt. Nähere Informationen dazu folgen in den nächsten Tagen.
P. Andreas Mohr SDS, ein missionarischer „Alleskönner“
Text: Mag. Lukas Korosek, Missionsprokurator der Salvatorianer in Österreich und Rumänien
Der aus Vorarlberg stammende Salvatorianer wurde 1964 feierlich in die Mission gesandt, und zwar nach Taiwan. Zuerst hatte er drei Jahre lang die chinesische Sprache studiert, bevor ihm eine Mission anvertraut wurde. P. Andreas Mohr schrieb zu diesem Zeitpunkt einen Brief nach Hause: „Mir geht es jetzt wie einem, der zum ersten Mal eine hohe Sprungschanze hinunterfährt und gerade den letzten Boden unter den Füßen verliert: fernab von jedem Halt, ganz auf sich allein gestellt, alle Kraft aufs äußerste gespannt, empfindlich für jeden Windstoß und klar bewußt, daß jeder Fehler ein schlechtes Ende bringen kann.“ Er wurde schlussendlich nach Wulai gesendet, eine Region, in der nie zuvor eine Missionsstation errichtet worden war. Denn diese Gegend ist unwegsam, ein schroff-felsiges Berggebiet, in dem die geringgeschätzten Indigenen als „Waldmenschen“ leben. Doch Andreas Mohr war mutig und ließ sich von seiner Mission nicht abbringen. Für die lokale Bevölkerung war er durchaus ein geschätzter Mensch und Seelsorger, mit überaus vielen Talenten.
P. Andreas Mohr SDS mit Kindergärtnerinnen in Wulai, Taiwan, um 1974
Etwa hatten die Indigenen in Wulai keine Schrift, also betätigte sich P. Mohr als Linguist; mit Genehmigung der chinesischen Behören fing er die Sprache der Menschen ein und übersetzte sie in lateinische Buchstaben, um für zahlreiche christliche Begriffe passende Ausdrücke zu finden. „Wind des Himmels“ etwa nannten sie den heiligen Geist. Durch den Einsatz von P. Andreas Mohr und seiner Mitbrüder kamen die Indigen zu einer eigenen Schrift. Auch als Krankenpfleger war P. Mohr aktiv: Aus Giftschlangenhäuten stellte er eine Asthmamedizin her, kurierte Schlangenbisse mit dem berühmten „schwarzen Stein“, und betrieb eine Apotheke mit medizinsicher Betreuung. Somit wurden vielen Menschen das Leben gerettet.
Als Architekt, Baumeister und Maurer errichtete P. Andreas Mohr hoch über Wulai die schönste Wallfahrtskirche Taiwans, die Missionsstation „Maria Hilf“. Die finanzielle Unterstützung dafür fand er hauptsächlich bei den Sternsingern der Katholischen Jugend Österreichs. Als Privatdetektiv jagte er wie in einem Kriminalfilm Menschenhändler, die die indigenen Mädchen an Vergnügungslokale und Bars in den Städten verkaufen wollten. Den Mädchen bot er nicht nur seinen Schutz, sondern auch eine Ausbildung in einer Haushaltsschule. P. Andreas Mohr SDS erhielt sogar die hohe nationalchinesische Auszeichnung „Guter Mensch, gute Sache“. Als Sozialarbeiter hatte er die Idee, für die studierende Bergjugend eine kleine Fabrik zur Herstellung sogenannter „Guckis“ einzurichten. Die Guckkästen, die im Inneren durch Drücken einer Taste wechselnde Landschaftsbilder erscheinen ließen, waren in Taiwan leicht an Besucher aus dem Ausland zu verkaufen. Somit sollten die Studenten aus den Bergen von ihren Studiengeldsorgen etwas erleichtert werden. Um den Indigenen bei medizinischen Notfällen eine Behandlung sichern zu können, gründete P. Andreas in der Gemeinde eine Pfarrkrankenkasse. Jede Familie zahlte monatlich 70 Schilling, um im Krankheitsfall mit einer medizinischen Versorgung rechnen zu können. Der Erzieher und Lehrer Andreas Mohr eröffnete sogar einen Kindergarten – er konnte mit beiden Ohren wackeln, was ihm gleich zu Beginn die Sympathie der Kleinen verschaffte. Und als Psychiater bemühte er sich darum, die Indigenen vom Alkohol und von Streit fernzuhalten.
In Wien I – St. Michael, 9.3.2012
Andreas Mohr war wahrhaft mit vielen Begabungen gesegnet. Seine Aktivitäten als Arzt, Künstler, Architekt, Psychiater, Jäger, Forscher usw. waren mehr Nebentätigkeiten oder Hobbies. Sein wahrer Beruf war „Missionar“ bzw. Seelsorger. Er war ein Missionar der alten Schule, der für quasi alles zuständig war. Selbst die älteren Indigenen sagten zu ihm „Schenfu (= Priester), du bist unser Vater.“
In Wien XXII – Kaisermühlen, 30.9.2016
Textquelle
Ernst Stürmer, Vom Wind des Himmels getrieben, in: Alle Welt, Ausgabe Mai/Juni 1979
Bildnachweis
Titelfoto: Roman Picha
Foto 2: Wien I, St. Michael, Archiv der Österreichischen Pro-Provinz der Salvatorianer (asa), o.bil.5.5
Foto 3: Wien I, St. Michael, Archiv der Österreichischen Pro-Provinz der Salvatorianer (asa), csa-01.3
Foto 4: Schewig Fotodesign, Dieter Schewig
Foto 5: Roman Picha