
„Keiner wird vergessen.“ Drei Jahre ohne P. Berno
„Engagiert, charismatisch, stur“: So titelte vor wenigen Jahren eine deutsche Zeitung im Zuge der Verleihung einer hohen Auszeichnung an P. Berno Rupp. Zeit seines fast drei Jahrzehnte dauernden Wirkens in Rumänien erwartete der Salvatorianer nie Dank oder einen Preis. Dennoch hat ihm sein Engagement Ehrungen in Deutschland, Österreich und in Rumänien eingebracht, die der gebürtige Meckenbeurer freudig, aber unaufgeregt und in gewohnt bescheidener „Festtagsrobe“ entgegennahm: das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland (2015), den Menschenrechtspreis der Stadt Graz (2011), das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland (2015), die Ehrennadel in Gold der Stadt Meckenbeuren (2006) oder die Ehrenmitgliedschaft der Stadt Timișoara (2005).
„Da hab ich etwas tun müssen…“
Osteuropa, unmittelbar nach dem politischen Umsturz im Jahr 1989: Der Salvatorianer-Pater Berno Rupp wird von seinem Orden in das bitterarme Rumänien geschickt und kommt zum ersten Mal mit unvorstellbarer Not in Berührung, die sein Leben nachhaltig verändern wird. „Da hab ich etwas tun müssen“, erzählt er 25 Jahre später in einem Interview von seinen ersten Wochen im rumänischen Banat.
Kaum angekommen dort, beerdigt der damals 55-Jährige ein zwei Wochen altes Kind, das verhungert war an der Brust seiner ausgezehrten, jungen Mutter. Die vorgefundene Not wird zum Auftrag für den Ordensmann und „Missionar“: Obdachlosenasyl, Frauenhaus, Kindertagesstätte, Altenpflegeheim und ein landwirtschaftlicher Betrieb für langzeitarbeitslose und obdachlose Menschen in Rumänien – aus P. Bernos erster Hilfsaktion und Hilfe für unzählige Menschen in Not werden im Laufe der Jahre fünf Hilfswerke, die durch Spenderinnen und Spender aus Deutschland, Österreich, Italien, Rumänien und der Schweiz den Ärmsten helfen.
Um den Fortbestand der Werke zu gewährleisten, wird im Jahr 2011 eine Stiftung ins Leben gerufen – zu Pfingsten, wohlgemerkt, und bis zum heutigen Tag weht der Geist über den fünf Hilfswerken. Ehrenamtliche, GroßspenderInnen und Mitglieder der Familie Rupp und Müller ragen dazu bei, dass Bedürftige im Raum Temeswar auch in Zeiten von Corona Hilfe finden.
Gottesdienst ist Dienst am Nächsten
„Was würde Pater Berno tun?“ diese Frage stellten sich Mitglieder des Stiftungsrates, des Vorstandes, des Redaktionsteams und aus der Familie Rupp Mitte September im Rahmen einer gemeinsamen, länderübergreifenden Videokonferenz. Die Antworten waren unterschiedlich und reichten von „Niemals hätte er sich eine Maske umgebunden“ bis hin zu „Der Berno, der hätte die Ausgangssperren in Rumänien akzeptiert.“
In einer Sache aber waren sich alle einig: Während der COVID-19-Pandemie hätte P. Berno noch intensiver geholfen als je zuvor. Von diesem Charisma der gelebten Nächstenliebe fasziniert, erinnert sich etwa P. Berno-Helfer Winfried Kuhn, der mittlerweile den Verlag Katholisches Bibelwerk in Stuttgart leitet, an eine Begegnung mit dem Salvatorianer Anfang der 1990er-Jahre. Als Kuhn mit anderen Helfern Treibstoff nach Rumänien bringt, feiert P. Berno gerade Ostergottesdienst – „mit allen Riten, die für die hohen Feiertage vorgeschrieben sind. Die Liturgie war kaum beendet, zog sich Berno blitzschnell um und begann den von uns mitgebrachten Diesel an die Ärmsten zu verteilen.“
Bis heute hat Winfried Kuhn diese beiden Pole vor Augen, die P. Berno stets in völliger Bescheidenheit in Einklang miteinander brachte: „Der Gottesdienst, der quasi nahtlos übergeht in den Dienst am Nächsten. Das war P. Berno: Selbst, wenn er Papst gewesen wäre, hätte er noch eigenhändig Diesel umgetankt.“
Der Tod hat nicht das letzte Wort
Glaubensstark und nächstenliebend, und ausgestattet mit vorbehaltsloser Liebe für die Kreatur – ganz gleich, ob diese gesund ist, reich und erfolgreich oder nicht. So kannte man Pater Berno Rupp.
Am 26. September 2017 dann: sein Tod. Der Ausdruck „er ist heimgegangen“ nimmt ein kleines Bisschen Schmerz, den bei dieser Nachricht empfindet, wer ihn kennenlernen durfte. Drei Tage später wird Karl Rudolf Maria Rupp, wie der Salvatorianer im Taufnamen heißt, zu Grabe getragen in einem schlichten Holzsarg, den die Kinder seiner Nichten und Neffen bemalt haben. Katzen und Hunde sind darauf zu sehen, und alle schauen glücklich drein. Wohl, weil sie einem großartigen Menschen begegnen durften, der Mensch als auch Tier das Gefühl gab, einzigartig zu sein und ein ins Leben gekommener Gedanke Gottes.
Und P. Berno? Er lebt weiter, auch drei Jahre nach seinem Tod und darüber hinaus. In den fünf Hilfswerken, wo gemäß seiner Losung etwa 300 Bedürftige auf- und angenommen werden, zu Essen bekommen, ein Dach über dem Kopf, Pflege und Zuwendung. Genau das ist gemeint mit „Keiner wird vergessen“ – selbst in bewegten Zeiten, und nachdem Pater Berno heimgegangen ist.
Anna Maria Steiner, Mitglied im Redaktionsteam der Pater-Berno-Stiftung
(Graz, im September 2020)
Weitere Informationen: www.pater-berno-stiftung.de