P. Josef Wilfings #Inselpost Nr. 14: Post aus Österreich
Liebe Freunde und Bekannte,
ich hoffe, dass euch dieser Brief gesund antrifft. Er kommt dieses Mal nicht von den Philippinen sondern aus Österreich. Seit 17. April sollte ich wieder zurück sein, aber wie viele andere hat auch mich der Corona-Lock-down erfasst, und ich bin auf Isolation in unserem Haus in Margarethen am Moos bei Wien. Mein dichtes Urlaubsprogramm wurde jäh unterbrochen. Ich habe aber dafür unerwartet viele freie Tage - wie seit Jahren oder sogar Jahrzehnten nicht – geschenkt bekommen. Das bringt mir auf jeden Fall viel Zeit für Erholung.
Zuvor hatte ich noch die Gelegenheit Schnee zu sehen und zu spüren. Hier erlebe ich jetzt das Erwachen Natur, das es auf den immergrünen Philippinen so nicht gibt. Unser Haus liegt in der Anflugschneise zum Flughafen Wien. Normalerweise überfliegen es mehrere hundert Flugzeuge täglich in weniger als 200 Meter Höhe. Jetzt zählen wir vielleicht eine Handvoll. So ist es ruhig geworden im und ums Haus. Wir sind gut versorgt. Aus Einfachem entsteht Köstlichstes, wobei das Wort Wiederholung der Köchin kaum bekannt sein dürfte. Und zudem habe ich eine gute Bibliothek hinter meinem Rücken.
Stille, Lesen und Spaziergänge
Die freie Zeit nütze ich für mich persönlich, für Stille, Lesen und weite Spaziergänge. Auf den Wegen zwischen den Feldern lässt es sich stundenlang gehen und die Natur langsam erwachen, die Knospen und die Blüten und dann die Blätter. Ich sehe das Korn hochwachsen und wie sich die Baumbestände zwischen den Feldern langsam grün kleiden. Ich kann nicht klagen über diese Art von Warteposition.
Strenge Restriktionen auf den Philippinen
Die Nachrichten von den Philippinen erzählen von strengen Restriktionen. Pro Haushalt erhält eine Person einen Passierschien für die nötigen Besorgungen. Man kann das Dorf nur an einer Stelle verlassen, die von Polizei und Militär kontrolliert wird. Man ist es nicht gewohnt, auf Vorrat zu kaufen, und vielen mangelt es auch an einer Kühlmöglichkeit im Haus, Ersparnisse kann man sich als Bezieher eines Mindestlohnes kaum anlegen. Man konnte auf den Philippinen immer von Tag zu Tag leben, da die Natur das ganze Jahr über Nahrung bot. Für viele Menschen ist es dann einfach so: keine Arbeit, kein Geld, kein Essen. Das betrifft Gott sei Dank nur einen Teil der Bevölkerung.
Eine Straßensperre von Talon zu einem Nachbardorf. (c) P. Josef Wilfing
Nachrichten von Sr. Wioletta
Nachrichten kamen zu mir von Sr. Wioletta. In den Gefängnissen sind seit 9. März Besuche verboten. Den Insassen fehlt es an allem, womit sie sonst eventuell von der Familie versorgt werden. Sie konnte mit den Direktoren vereinbaren, dass Mitarbeiter Sanitärpäckchen für die Gefangenen abholten. Bevor die Strassen gesperrt wurden, konnte sie noch Essenspakete für einige hundert Familien bei den Müllplätzen verteilen. Diese sind besonders hart betroffen. Von den Kindern der armen Familien in der näheren Umgebung sind sie fast ganz abgeschnitten. Für 90 Familien konnte sie Einkaufsgutscheine von der Caritas Imus erhalten.
Das neue Noviziat für das Vikariat Südost-Asien. Kapelle mit Technikraum. (c) P. Josef Wilfing
Viele in Tagaytay leben vom Tourismus, der jetzt tot ist – zuerst der Vulkan und jetzt der Virus. Wer sich im Ruhestand befindet, ist ebenfalls auf Hilfe angewiesen. Vom Staat ist wenig zu erwarten um nicht zu sagen nichts.
Keine Erkrankungen
Von unseren Niederlassungen sind keine Erkrankungen gemeldet. Koch und Wäscherin, unseres Hauses in Talon, können nicht zur Arbeit kommen, weil sie im Bereich der Stadt Tagaytay wohnen und nicht in Amadeo. Im übrigen müssen alle in den Niederlassungen sehr sparsam leben, um über die Runden zu kommen. Einige Brüder pflanzen Gemüse, das vielleicht mehrmals geerntet werden kann. Die beiden Baustellen ruhen seit 9. März. Der Umzug des Noviziates ins neue Haus Mitte Juni wird nicht stattfinden – außer es geschieht ein Wunder. Aber das werden wir leicht überstehen.
Neues Noviziat. Die Küche nimmt Form an. (c) P. Josef Wilfing
Ich selbst muss warten, bis es Ausländern wieder gestattet ist einzureisen. Anfang Mai werden neue Bestimmungen erlassen. Dann kann vielleicht das Ticket bestellt werden oder ich muss nochmals warten. Vermutlich werden mir dort zwei Wochen Quarantäne in einem unserer Häuser bevorstehen.
Vielleicht kann ich die sich langsam lockernden Bestimmungen in Österreich nutzen, um zumindest meine Familie zu besuchen. Alles weitere ist offen.
Ich grüße euch herzlich und wünsche euch: Bleibt gesund! Das nächste Mal hoffentlich wieder von der Insel?
P. Josef
Margarethen am Moos, 30. April 2020