Go, tell it to the people!
Salvatorianer sind dafür bekannt, dass sie nahe bei den Menschen sind. Der amerikanische Salvatorianer P. Carl Gleason schreibt über die Anfänge der Salvatorianer im Süden von Tansania: „Als Bischof Joachim Ammann, der erste Bischof von Ndanda, nach vielen Jahren im Ruhestand nach Tansania zurückkehrte, besuchter er alle Missionsstationen seiner früheren Diözese und zog folgende Bilanz: ‚Wir Benediktiner besitzen die Gebäude, Ihr Salvatorianer aber habt das Volk.‘ Wir betrachten dieses Für-die-Menschen-Dasein als unser besonderes Charisma.“1
Die ersten Salvatorianer, die 1892 in den X. Wiener Bezirk kamen, lebten in einer Mietwohnung zwischen den Ziegelarbeitern, nicht in einem abgeschirmten Ordenshaus. Manchen schien „ein solcher Anfang für eine Ordensniederlassung unwürdig. In Wien war dies damals auch etwas ganz Unglaubliches. Man kannte nur Klöster mit herrlichen Barockbauten und prunkvollen Kirchen. Man schüttelte deshalb den Kopf über uns und überließ uns unserem Schicksal. Das Volk meinte: ‚Es sind bloß Katecheten‘“2 , so der erste Salvatorianerpfarrer in Kaisermühlen, P. Theophilus Muth. Er fährt fort: „Von der Armut dieser Zeit erzählte später ein Pater, der die Anfänge miterlebte, dass er im ersten Winter nicht einmal einen Ofen hatte. Das einzige Fenster seines Kabinetts, 2,80 x 6 Meter, war über dem Misthaufen des nahen Pferdestalles.“3
Die salvatorianischen Pioniere waren also „nur“ Katecheten, aber sie waren engagierte Männer, die Unterricht in Schulen gaben, Pfarreien an der Peripherie der Großstadt Wiens übernahmen, Besinnungstage für Männer und Frauen anboten und überall Volksmissionen hielten. P. Franziskus vom Kreuze Jordan (1848-1918) hatte sie gegründet, dass sie sich als Gemeinschaft dieser Aufgabe zeitgemäß widmen. Ihre damaligen Handbücher waren der Katechismus und die Heilige Schrift .
Nach dem Tod des Gründers 1918 verschwand das gelebte spirituelle Beispiel dieses Mannes, aber es begann hinter den Kulissen ein juridischer und pastoraler Prozess, den wir Seligsprechungsprozess nennen. Man wollte das gelebte Vorbild des Gründers der Salvatorianer und Salvatorianerinnen nicht vergessen, sondern mehr und besser kennen lernen und sein Beispiel und seine Botschaft für die Gegenwart deuten. Dieser Prozess dauerte jahrzehntelang, war auch abhängig vom jeweiligen Zeitgeist und dem Engagement seiner Betreiber. Nach dem 2. Vatikanischen Konzil (1965) und nach dem 100-jährigen Bestehen der SDS 1981 drehte sich das Interesse für den Gründer Pater Franziskus Jordan zum Positiven. Besonders außereuropäische Länder wollten Pater Jordan als ‚Europäischen Zeugen des Glaubens‘ besser kennen lernen.
Nun geht dieser Prozess dem Ende zu. Nach der öffentlichen Anerkennung seines tugendhaften Lebens 2011 und eines Wunders, auf seine Fürsprache von Gott bewirkt (2019), werden Ort und Termin der Seligsprechung von P. Jordan überlegt.
Zu den Handbüchern unserer ersten Mitbrüder, zum Katechismus und zur Bibel, kommt nun ein drittes Buch dazu: das Lebensbuch des Gründers – sein Leben, seine Berufung, sein Gründungscharisma, seine Liebe und Sorge für die Menschen, nämlich die „Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes, unseres Heilandes“ (Tit 3,4). Damit bekommen wir eine neue, eine erneuerte Aufgabe von der offiziellen Kirche zugeteilt: Go, tell it to the people: geht und erzählt den Menschen von ihm!
1 P. Carl Gleason SDS, in Die Salvatorianer in Geschichte und Gegenwart, Rom, 1981, S. 301.
2 P. Theophilus Muth SDS, Die Salvatorianer. Gedenkblätter zu ihrem fünfzigjährigen Bestand 1881-1931, Wien 1931, S. 67.
3 Theophilus Muth, a.a.O, S. 67.
Text: P. Peter van Meijl
Das 2019 von Jason Jimenez gemalte Bild zeigt P. Franziskus Jordan im Jahre 1915, bevor er von Rom in die Schweiz übersiedelte. (c) Foto Manu Nitsch
Der Artikel ist auch in der Ausgabe 1/20 von "Die Salvatorianer" erscheinen.