P. Jordans Lächeln
In der Salvatorianer-Kirche St. Michael findet sich ein Gemälde, das ein Porträt von P. Franziskus Jordan zeigt. Der Maler ist, wie ich von unserem Historiker P. Peter van Meijl erfahren habe, ein gewisser Kurt Ammann, doch mehr als seinen Namen kennen wir nicht.* Es mag vielleicht nicht das beste Bildnis sein; ich bin kein Kunsthistoriker, um das wirklich beurteilen zu können. Der Hintergrund ist bunt und, wie mir scheint, ein wenig wirr. Die Gesichtszüge des Ordensgründers weisen eine große Ähnlichkeit zu den Fotografien auf, die wir von ihm besitzen, und doch ... auch wieder nicht. Etwas ist auf den zweiten Blick anders.
Manchmal, wenn ich der Ruhe bedarf, wenn ich über Probleme nachdenken muss, sitze ich in der Kirchbank vor diesem Bildnis und betrachte es (und halte auch ein wenig Zwiesprache mit ihm). Ich mag dieses Bild sehr; gerade in seiner Unvollkommenheit wird es für mich "menschlich". Lange habe ich darüber nachgedacht, was mich so an diesem Bild fasziniert - und letztendlich habe ich für mich beschlossen, dass es das Lächeln von P. Jordan ist.
Von den vielen Fotografien, die den Ordengründer quer durch die Jahrzehnte zeigen, fällt mir keines ein, auf dem er lächelt.** Ernst blickt er in die Kamera, den Rosenkranz oft um die Hand geschlungen, ein gläubiger, ein würdevoller, ein verehrungswürdiger Mensch. Zugegeben, viel zu lachen gab es in seinem Leben nicht. Seine Berufung, seine Aufgabe kosteten ihm viel Lebensenergie und Kraft, und gerade in den letzten Jahren ist ihm sicherlich das Lachen endgültig abhanden gekommen.
Und plötzlich ist hier ein Bildnis, auf dem P. Jordan Lippen ein kleines, feines Lächeln umspielt. Ein "anderer" P. Jordan spiegelt sich in dem Gemälde wieder. Ich weiß nicht, welche Intension der Maler hatte; ich hoffe, es war die, die ich in dieses Bild hineininterpretiere. Denn für mich ist P. Jordan ein lächelnder Mensch; ein lebensfroher Mensch. Nicht das große, das herausbrechende, das lärmende Lachen begleitete ihn, sondern das nachdenkliche, das weise, das verzeihende, das gütige Lächeln. Und dann ergibt für mich alles einen Sinn: das lächelnde Gemälde, der bunte, wirre Hintergrund mit seinen dunklen doch farbenfrohen Pinselstrichen, lebensfroh, lebensbejahend, "lebenslächelnd". Salvatorianer, das Wort vermittelt die heilende Kraft - und man muss es eigentlich groß schreiben - die HEILENDE Kraft des Erlösers.
Vor einigen Wochen durfte ich zufällig einen Artikel schreiben über die heilende Kraft des Lachens. Lachen kann nachweislich Heilungsprozesse in Gang setzen, und oft setzen Ärzte, vor allem bei Kindern, Humor als Unterstützung zur Krankentherapie ein, man denke nur an die CliniClowns oder an die Roten-Nasen-Clowns.
Beim Schreiben erinnerte ich mich an eine Begebenheit, die vor einigen Jahren in Temeswar stattfand: Meine Frau und ich saßen gemeinsam mit P. Josef Wonisch in einem Lokal namens Spirit. Wir drehten ein kleines Video, einen Pfingstgruß. Würdevoll und ernst sprach P. Josef in die Kamera. Es war Manu, die ihn fragte, warum er kein einziges Mal lächelte. Wir sprechen von der "frohen Botschaft", aber dennoch bleiben wir "ernst". Aber Fröhlichkeit und Lächeln, gehört das nicht zusammen? P. Josef dachte einige Sekunden nach und meinte dann zu meiner Frau: "Du hast recht". Und er lächelte.
Und das ist auch der Grund, warum ich P. Jordan verehre und dieses Bild so sehr schätze: Weil dieses kleine Lächeln für mich das symbolisiert, wofür der Gründer steht: Das lebensfrohe Dasein, das durch den HEILAND und durch die frohe Botschaft Vollendung findet. Denn es IST eine frohe Botschaft; wäre sie nicht, müsste man (gerade als Vater zweier Kinder - Stichwort Klimakatastrophe) verzweifeln. Dieses, sein Lächeln gibt mir Kraft. Und ich denke an einen Tagebuch-Eintrag von P. Jordan. "Mit aller Kraft führe das Werk aus; lasse dich durch nichts entmutigen!" Ja, frisch ans Werk - mit einem Lächeln.
Lieber P. Jordan, alles Liebe und Gute zum Geburtstag. :-)
[rsonnleitner]
* Um es vorwegzunehmen: Es handelt sich nicht um den Klosterneuburger Maler Kurt Ammann, der 2016 verstarb.
** Dank eines Hinweises unseres Historikers P. Peter van Meijl weiß ich jetzt, dass es eine Fotografie gibt, auf der P. Jordan lacht: Sie ist von 1911 und zeigt ihn nach der definitiven Approbation der SDS.