Hier bin ich! Sende mich!
Ohne Wenn und Aber, in großer Freiheit stellt sich Jesaja als Prophet zur Verfügung.
Ähnlich die Apostel. Sie halten den Blick Jesu aus, atmen Zukunft und Leben. Sie wagen das Abenteuer des Vertrauens. In der Begegnung zwischen Jesus, der ruft, und der Antwort des Gerufenen geschieht Berufung. Es ist eine höchst persönliche Angelegenheit, eine Beziehung. Sie nimmt einen in den Bann, verspricht Leben und mündet in eine Entscheidung. Und in die Bereitschaft, mitzugehen. Ich selbst erinnere mich an den Augenblick, wo ich Feuer gefangen habe und nicht mehr loslassen wollte. Ort und Stunde sind in mir noch lebendig, in aller Klarheit. Jemand hat mir etwas zugetraut. Es war ein Salvatorianer, P. Franz Sales Stöckl. Ein Mutmacher. Er war für mich ein Sprachrohr Jesu, deutlich vernehmbar. Aus dem Schwung des Anfangs wurde in späteren Jahren ein Ringen, ein Fragen, ein Zweifeln. Diese Zeiten möchte ich nicht aus meiner Lebensgeschichte streichen. Sie haben mir geholfen, die Berufung zu prüfen, zu hinterfragen und letzten Endes zu festigen. Die kühnen Träume und Pläne in meinem Kopf, dem Ruf Gottes ausweichen zu wollen, waren verlockend. Ich war im Besitz einer Konditorei, ich wollte eine Tanzschule leiten. Ich war stolz auf meine Ideen. Gott ließ mich nicht los. Ich weiß nicht, warum. Er holte mich immer neu in seine Nähe.
In diesem Jahr blicke ich auf 40 Jahre Priesterweihe zurück. Als Salvatorianer. Im Lauf der Jahre habe ich Höhenflüge und Tiefpunkte kennen gelernt, Begeisterung und Enttäuschung. „Hoffnung“ ist ein prägendes Wort für meinen Weg. Sie hat mich immer begleitet. Hoffnung zu schenken und weiter zu geben ist mein tägliches Brot als Seelsorger in zwei Krankenhäusern und einer Gemeinde in Graz. Der Dienst erfüllt mich mit großer Dankbarkeit. Und er fordert mich heraus. Er führt mich an Grenzen, um mir dort leise zu sagen: Du kannst immer noch in der Liebe wachsen. Darüber staune ich. Jesaja, Elija, die Apostel, P. Jordan, sie alle kommen mir dann in den Sinn, und ich sage ungebrochen wieder „Ja“.
KOMM UND SIEH
ein Blick
und du gehörst
nicht mehr dir selber
von nun an empfängst du dich
aus angeschaut werden
augenblick um augenblick
das herz an ihn geschmiegt
lockt der staub der straße
mehr als das dach überm kopf
denn in seinen spuren
reichen die schritte
über jeden gesichtskreis hinaus
und brennender als feuer
wirst du
in seiner nähe.
Andreas Knapp, Brennender als Feuer. Echter, 2004. 2. Auflage, S. 10
Text: P. Leo Thenner
Foto: Roman Picha